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Orgelpredigt

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a Lüdeke, Christoph Wilhelm: Rede und Predigt bey Einweihung der neuen Orgel (Stockholm 1781)

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m Ereignisse (1)

y Bibelstellen (37)

  • 1 Korinther 15,55
  • 1 Korinther 6,20
  • 1 Timotheus 2,1–2
  • 2 Timotheus 1,10
  • 2 Timotheus 1,12
  • Apostelgeschichte 26,27
  • Epheser 1,3
  • Epheser 1,4
  • Exodus 34,34–35
  • Genesis 28,16
  • Genesis 28,17
  • Hebräer 4,9
  • Kolosser 2,13
  • Lukas 1,57–80
  • Lukas 1,68–79
  • Lukas 1,74–75
  • Lukas 2,14
  • Matthäus 21,9
  • Matthäus 6,9
  • Offenbarung 15,3–4
  • Philipper 3,13
  • Philipper 3,13–14.20
  • Philipper 3,14
  • Philipper 3,20
  • Psalmen 100,1–2.4
  • Psalmen 118
  • Psalmen 118,25–26
  • Psalmen 118,26
  • Psalmen 144,15
  • Psalmen 20,3
  • Psalmen 26,6.8
  • Psalmen 51,17
  • Römer 11,34
  • Römer 15,6
  • Römer 5,12
  • Titus 2,12
  • Weisheit 5,6–9

[S. [1]]

Titel

Rede
und
Predigt
bey Einweihung der neuen Ld OrgelStockholm, Deutsche Kirche, Olof Schwan-Orgel (1781) Orgel
in der Le Geographicumg Gebäude: Stockholm, Gertrudskirche Deutschen Kirche zu Stockholm
in höchster Gegenwart
S[eine]r Majestät des Lb PersonGustav III. von Schweden (1746–1792) Königs
von Le Geographicumh Territorium: Schweden Schweden
mit einer
kurzen Beschreibung
der Feierlichkeit selbst
von
D. Lc PredigtautorLüdeke, Christoph Wilhelm (1737–1805) Christoph Wilhelm Lüdeke. Auf höhere Veranlassung.
Le Geographicumf Ort: Stockholm Stockholm.
Gedruckt bey Lb PersonNordström, Anders Jacob (1742–1821) Anders Jac[ob] Nordström 1781.

[S. [2]]

Imprimatur.

Le Geographicumf Ort: Stockholm Stockholms Consistorium. d. 21 Julii 1781.

Ad mandatum. Lb PersonInsulin, Nils (vor 1777 – ca. 1783) N. Insulin. Stockh[olmensis] Cons[istorii] Notar[ius].

[S. [3]]

Widmung

Dem
itzigen Zeitalter
zum
Andenken
und
dem zukünftigen
zur
Erinnerung.

[S. [4]]

Die besondern Umstände, welche die angezeigte Feierlichkeit und den dabey verrichteten Gottesdienst auszeichnen, verdienen einen kleinen Vorbericht.

Die bisherige Ld OrgelStockholm, Deutsche Kirche, Paulus Müller-Orgel (1608/09) Orgel in der Le Geographicumg Gebäude: Stockholm, Gertrudskirche Deutschen Kirche war durch Alter in ihren meisten Theilen ziemlich schwach und schadhaft geworden. Es faßte also das in der Rede namhaft gemachte Lb PersonFuhrmann, Peter Heinrich (1714–1773) Deutsche Kirchenglied, ein Le Geographicumf Ort: Hamburg Hamburger von Geburt, den Entschluß, von dem nach seinem Tode zurückbleibenden losen Vermögen den sechszehnten Theil, der nach itzigem Curse etwa 580 Holländische Dukaten betragen möchte, zu einer Ld OrgelStockholm, Deutsche Kirche, Olof Schwan-Orgel (1781) neuen Orgel zu vermachen. Er starb im Jahre 1773. Vier Jahre darauf ward vor Johannis die alte Orgel abgenommen. Für die neue sammelte man in der Kirche ein Paar Collecten und bey mehrern Gemeindegliedern Privat=Zuschüsse. Jnzwischen ward die neue nach einem von dem Königl[ichen] Ober=Jntendenten=Amte gebilligten Risse durch den Orgelbauer Lb PersonSchwan, Olof (1744–1812) Olof Schwan angefangen und, nachdem er zuvor die Orgeln in der Le Geographicumg Gebäude: Norrköping, Sankt-Olai-Kirche Pfarrkirche zu Le Geographicumf Ort: Norrköping Norköping und der Stockholmschen Marienkirche mit Ruhme zu stande gebracht,[1] [S. 5] auch die in der Deutschen Kirche vollendet. Der Platz für sie ist wohl nicht eben der bequemste; das sinnreiche Nachdenken aber zeiget sich desto deutlicher in der geschmackvollen Anlegung derselben. Sie hat in dem Pedale 11, in dem Manuale 13, und in dem Oberwerke 9 vollstimmige Register und konnte deßwegen nur in dem Principale der beiden ersten acht, des letzten aber vier; in der Quintadena des Manuals sechszehen, des Oberwerkes aber 8 Fuß hoch seyn.

Kurz vor Pfingsten ließ die Gemeine hiervon Lb PersonGustav III. von Schweden (1746–1792) S[eine]r Königl[ichen] Maj[estä]t durch ihren Kirchenprotector, S[ein]e Excell[enz], den Herrn Grafen Lb PersonRudenschöld, Carl von (1698–1783) C. Rudenschöld, des Königs und des Schwedischen Reiches Rath, der Le Geographicumf Ort: Uppsala Upsal[er] Academie Kanzler, imgleichen Ritter und Commendeur der Königl[ichen] Orden, schuldige Nachricht geben und dabey allerunterthänigst anfragen: Ob Höchstsolche geruhen möchten, einen Sonntag zu derselben Einweihung anzusetzen und das Glück Jhrer hohen Gegenwart der Gemeine bey solcher Gelegenheit zu gönnen? S[ein]e Maj[estä]t bestimmten dazu den Johannistag, und gaben zugleich die gnädigste Versicherung, solcher Feierlichkeit beywohnen zu wollen.

Zum gehörigen Empfange S[eine]r Maj[estä]t und des Königl[ichen] Gefolges ward ein geräumiger Platz um dem Altare herum zubereitet, an desselben beiden Seiten mit zweenen Thronen, imgleichen mit den erfoderlichen Stühlen für die erhabenen Personen des Königl[ichen] Hauses und mit ander= [S. 6] weitigen Sitzen für die Herren Reichsräthe und das Gefolge des Königs versehen und alles nach Anstande ausgezieret. Auf den Kirchhof und also auch in die Kirche ward Niemanden der Eintritt ohne Billet verstattet; und daselbst, so wie auf den benachbarten Gassen, waren die nöthigen Verfügungen zur Ordnung getroffen worden.

Am vorbenannten Johannisfeste ward um halb 12 Uhr zusammengeläutet und hernach bis zur Ankunft des Lb PersonGustav III. von Schweden (1746–1792) Königs von dem Umgange des Thurms mit Trompeten und W W KorrekturOriginal: PankenPauken musiciret.

S[ein]e Maj[estä]t hatten die Nacht zuvor im Lager außerhalb der Vorstadt geschlafen und begaben sich von dort in folgendem Zuge nach der Kirche:

Zweene Hengstreuter
Ein Trompeter.
Eine Eskadron Dragoner.

Ein sechsspänninger Wagen, darin der Hofmarschall Herr Lb PersonDüben, Henrik Jakob von (1733–1805) Baron von Düben mit dem Marschalls=Stabe saß.

Eben ein solcher Wagen mit zweenen Leib=Pages.

Noch ein solcher, darin der Herr Oberste Aminoff,[2] der Herr Baron Taube und die beiden Herren Generale, Baron Sinclair und Lb PersonNordenankar, Johan (1722–1804) Nordenanker waren.

Noch ein solcher, darin die Kammerherren, Herr Graf Posse und Herr Baron Sparre, saßen.

[S. 7]

Zweene Bereuter.
Sechs Stall=Pages.
Zweene Kammer=Pages.
Zweene Stallmeister.
Ein Vice=Corporal.
Vier Trabanten.
Drey Läufer.

Der achtspännige Königl[iche] Krönungs=Wagen, worin S[ein]e Maj[estä]t im Grunde und zu Höchstihren Seiten der Oberstallmeister Herr Graf Löwenhaupt, der Herr Graf Fersen, der Herr Hof=Stallmeister Munk, der Oberkammerherr Herr Baron Ridderstolpe, S[ein]e Excell[enz] der Herr Graf Brahe und der Herr Graf Oxenstjerna saßen. Nebenher giengen 24. Liverey=Bediente. Hinterher folgten:

Ein Vice=Corporal.
Acht Trabanten.
Vier Eskadrons Dragoner.

Zur Parade in der Kirche und auf dem Kirchhofe gehöreten: ein Corporal und ein Vicecorporal mit zwölf Trabanten, und ein Capitän mit 24 Stand=Trabanten; hirnächst von der Königl[ichen] Leib=Wache drey Officiere, der Herr Graf Cronstedt, der Herr Graf Löwenhaupt, und der Herr Baron Sinclair mit 160 Grenadieren; endlich zweene Unterofficiere mit 24 Musketieren.

Des Königs Maj[estä]t wurden bey dem Aussteigen aus dem Wagen von Jhren Excellenzen, den Herren Reichsräthen, Grafen Rudenschöld [S. 8] und Baron Sparre und von den Kirchenvorstehern ehrerbietigst bewillkommet. Auch giengen Jhre Excellenzen, die Herren Reichsräthe, Graf Bielke, Graf Posse, Graf Falkenberg, und Baron Bunge Höchstdenenselben entgegen. Die Kirchenvorsteher eröffneten unter der Begleitung ihres hohen Kirchenraths und des Herrn R. R. Sparre, als Oberstatthalters der Residenz, den Zug in die Kirche, das Königliche Gefolge trat unmittelbar vor S[eine]r Maj[estä]t voraus und hinter Allerhöchstderselben schlossen sich die Erlauchten Herren Reichsräthe und die Uebrigen an.

Bey dem Eintritte des Königs in die Kirche ward die Jnstrumental=Musik angestimmet. Der Doctor Lüdeke und der Vacanzprediger des zweyten Pastorats, der Conrector Lb PersonSusemihl, Joachim (1756–1797) Susemihl, standen in Meßgewandten bey der Thüre und traten vor der hohen Person des Königs in den Zug bis zum ersten Kreuzgange ein; wo zur linken Hand der Rector und ein anderer Lehrer des Le Geographicumg Gebäude: Stockholm, Deutsches Lyzeum Deutschen Lyceums mit dem größten Theile der darin studierenden Jugend zur Bezeugung ihrer allerunterthänigsten Ehrfurcht paarweise gestellet waren. Jene begaben sich durch einen kürzern Weg zum Altare, um da zu seyn, wenn S[ein]e Maj[estä]t auf Jhren zu Rechten desselben errichteten Thron Platz nehmen würden.

Als solches geschehen und die Musik geendiget war, nahm der Gottesdienst seinen Anfang. Er ward ganz durch die exemplarische Andacht [S. 9] eines Königs beseelet, der einem jeden Stücke desselben den rührendsten erbaulichen Anstand zu geben weis. Nach dem von dem D. Lüdeke vorgelesenen Sündenbekenntnisse, dem von der Gemeine dreymal gesungenen: Herr (Christe) erbarme dich unser! und dem von ihm intonirten: Ly BibelstelleLukas 2,14 Ehre sey Gott in der Höhe! ward der letzte V[ers] des Gesanges: Lw MusikwerkNicolai, Philipp: Halleluja! Lob, Preis und Ehr' M Hallelujah, Lob, Preis und Ehr etc. etc. gesungen: hierauf von dem Vacanzprediger die Collecte des Johannis=Festes mit Beantwortung des Chors abgesungen und das ordentliche Sonntags=Evangelium, imgleichen nach den vier letzten Versen des Liedes: Lw MusikwerkAnonym: Ich danke dir demütiglich M Jch danke dir demüthiglich etc. etc. das Apostolische Glaubensbekenntnis vorgelesen. Nun giengen beide unter dem Liede: Lw Musikwerkanonym: Herr Jesu Christ, dich zu uns wend M Herr Jesu Christ, dich etc. etc. von dem Altare weg und der D. Lüdeke auf die Kanzel. Er hielt die hernach folgende Einweihungsrede. Vor und unter dem Gesange: Lw MusikwerkAnonym: Heilig ist Gott der Herre M Heilig ist Gott der Herre etc. etc. ließ sich die Orgel zum erstenmale hören. Nach dem stillen Ly BibelstelleMatthäus 6,9 Vater Unser folgete die Predigt, welche natürlich, so reichhaltig sonst die Materie war, sehr kurz ausfallen mußte, um den Gottesdienst nicht gar zu lange auf den Nachmittag hinaus zu ziehen. Nach Endigung derselben ward das Lw MusikwerkGraun, Carl Heinrich: Te Deum M Te Deum nach der Lb PersonGraun, Carl Heinrich (ca. 1704 – 1759) Graunschen Composition von der Königl[ichen] Kapelle unter Begleitung der Orgel und Jnstrumente gesungen. Der Text desselben war Lateinisch mit einer Deutschen Uebersetzung an die ganze Versammlung zuvor ausgetheilet worden. Der D. [S. 10] Lüdeke intonirte alsdenn vor dem Altare die Collecte: LªPs_118_24ª dieß ist der Tag, den uns der Herr gemacht hat etc.; den Segen und die Ausgangsformel: So geht denn hin im Friede etc. etc. Nach dem Schlusse mit dem letzen V[ers] des Gesanges: Lw MusikwerkCrüger, Johann (Rinckart, Martin): Nun danket alle Gott, 1636 M Nun danket alle Gott etc. etc. geschah der Rückzug des Königs in eben der Ordnung aus der Kirche nach dem Wagen, so wie bey dem Eingange.

Diese Feierlichkeit, welcher die meisten der an dem hiesigen Hofe residirenden ansehnlichen Gesandtschaften mitbeywohneten und welche ein großer Theil der vornehmsten Standespersonen auch außerhalb dem Gefolge S[eine]r Majestät und den Kirchengliedern glänzend machte, wird gewiß das itzige Zeitalter, wenigstens bey der Deutschen Gemeine, im ehrfurchtsvollen Angedenken behalten, das zukünftige sich aber ihrer mit Annehmlichkeit erinnern. Beide werden den liebenswürdigen König segnen, der das ädelste [sic] für den Menschen, nämlich: die Religion, und ihre gottesdienstlichen Uebungen durch sein Beyspiel ehrwürdig zu machen suchet. Die Wünsche in der Rede und der Predigt müssen in dem reichsten Maaße vor Gott erfüllet werden! Diese Gesinnung auszudrücken und bekannt zu machen, erscheinen eben diese Blätter im Drucke und vielleicht gefällt es Gotte, sie bey ihren Lesern nicht ungesegnet seyn zu lassen.

Stockholm d[en] 21 Jul[ii] 1781.

Der Lc PredigtautorLüdeke, Christoph Wilhelm (1737–1805) Verfasser.

[S. 11]

Ly BibelstelleGenesis 28,16 Gewißlich ist der Herr an diesem Orte! Ly BibelstelleGenesis 28,17 Wie heilig ist diese Stäte? Hie ist nichts anders, denn Gottes Haus und hie ist die Pforte des Himmels!

Ly BibelstellePsalmen 100,1–2.4 Jauchzet dem Herrn alle Welt! Dienet dem Herrn mit Freuden; kommt vor sein Angesicht mit Frolocken! – Geht zu seinen Thoren ein mit Danken; zu seinen Vorhöfen mit Loben: Danket ihm und preiset seinen Namen!

Ly BibelstellePsalmen 118,25–26 Hosiannah! o Herr hilf! o Herr laß wohl gelingen! – Gelobet sey der da kömmt im Namen des Herrn! (1).

Dieß war der feierliche Zuruf, womit der Erlöser der Welt zu Le Geographicumf Ort: Jerusalem Jerusalem eingeholet (2) und in dessen Ringmauern empfangen ward! Ein Zuruf, der ihm allerdings im höchsten Verstande zukam, den man im Alten Testamente vorbildlich auf den Messias bey dem Lobgesange nach dem Osterlamms=Genusse anstimmete; dabey aber auch ein Zuruf von der Art, daß er bey manchen und vorzüglich gewissen Religions=Feierlichkeiten ohne Versündigung genützet werden kann, um uns und andern Gottes allgenugsamen Segen bey wichtigen Begebenheiten zu erflehen und seinen Beystand anzuwünschen.

Hosiannah war eigentlich die Jubelstimme des Volks Jsrael bey dem Herumtragen der Palmzweige am Lauberhütten=Feste; in unse=


(1) Ps. 118, 25. 26. (2) Ly BibelstelleMatthäus 21,9 Matt. 21, 9.[3]

[S. 12]

rer Sprache: Hilf Herr, wir bitten Dich! Ohne stets das Hebräiche [sic] Wort zu nennen, ist dieß grade auf eine thätige Weise eben dasjenige, was in unsern beständigen öffentlichen und kirchlichen Fürbitten für den Gesalbten des Herrn, unsern theuersten König, geschieht.

Hosiannah! Hilf Herr, wir bitten Dich! Dieß rufet heute die gegenwärtige Versammlung über den, diesem Reiche von Gott gegebenen und bisher erhaltenen, Beherrscher einer ganzen Nation durch meinen Mund aus!

Jn diesem durch Vergünstigung der hohen Schwedischen Krone der Deutschen Nation eingeräumten Gottes=Hause, – an dieser, der Gottheit und der Religion geheiligten, Stäte, worin die meisten der großen Könige und Königinnen Le Geographicumh Territorium: Schweden Schwedens den Herrn des Himmels und den allgemeinen Vater der Menschen verehreten und Zeugen der inbrünnstigen Fürbitte für den Thron waren; – an dieser Stäte sieht diese Versammlung den glücklichen Nachfolger jener großen Regenten von Lb PersonGustav I. Wasa (1496–1560) Gustaf dem Ersten an bis auf – (darf ich ihn bey Besorgniß einer allgemein schmerzlichen Gemüthsrührung laute nennen?) bis auf Lb PersonAdolf Friedrich von Schweden (1710–1771) Adolph Frjedrjch. Jn Jhm Lb PersonGustav III. von Schweden (1746–1792) Gustaf Dem Dritten erblicket sie den königlichen Schutzherrn, Bestätiger und Vermehrer aller ihrer, von Lb PersonGustav I. Wasa (1496–1560) Gustaf dem 1:sten an, ihr zugestandenen, landesherrlichen Gerechtsame. – Jst es ihr, dieser Versammlung, nun zu verdenken, daß sie, wie ehemals Le Geographicumh Territorium: Israel Jsrael dem Könige Lb PersonDavid (fl. 1000 v. Chr.) David im Ly BibelstellePsalmen 118 118:ten [S. 13] Psalme, Jhm Gustaf dem Dritten – (lange werde sein Name, als eines glücklich herrschenden Königs=Name auf dem Erdboden gehöret!) jauchzend zurufet: Ly BibelstellePsalmen 118,26 Gelobet sey der da kömmt im Namen des Herrn! Hilf Jhm, wir bitten dich Herr, aus deiner heiligen Höhe!

Seine geheiligte Person in dem Glanze der Schweden, Gothen und Wenden Könige hier gegenwärtig zu erblicken; die Nächsten am Throne, die Großen des Reichs, die Väter ihrer Mitbürger in seiner Nähe, und die ansehnlichen Gesandtschaften der erhabenen mit ihm verbundenen Mächte vor mir zu sehen; Personen von allerley Gesinnungen, Berufsarten und Ständen mit meinen bekannten kirchlichen Freunden und Freundinnen untermischet zu wissen: Dieß mit allen den Feierlichkeiten dieses Tages wäre vermögend einen jeden geistlichen Redner in Bedenklichkeit zu setzen. Jch vergesse mich hier aber selbst und denke blos, daß ich itzt mit Ehrfurcht der redende Mund dieser Versammlung zu dem allerhuldreichsten Könige und hernach die Stimme der Religion an alle ohne Ausnahme seyn soll!

Hosiannah! Hilf Jhm Herr! bey seiner von dir Jhm übertragenen und mit so vieler Verantwortung verbundenen Bürde der Beherrschung einer ganzen Nation und der Regierung eines so weitläuftigen Reichs!

Hilf Jhm! nicht allein bey den allgemeinen Gefährlichkeiten, denen Menschen überhaupt unterworfen sind; sondern auch bey so [S. 14] vielen einzelnen und besondern, denen Könige und Regenten ausgesetzt seyn können!

Hilf Jhm! zur Verlängerung seines für Schweden und andere Reiche, ja für die ganze christliche Welt so kostbaren Lebens; auf daß Kinder und Kindeskinder Gustaf den Dritten noch auf dem Throne und sich unter seinem Zepter glücklich sehen mögen!

Hilf Jhm! bey dem schon Jedermann und gewiß auch bey den Hohen der Erde beschwehrlichen Gechäffte, auf der Laufbahn zum Himmel glücklich bis zu einer seligen Vollendung fortzuschreiten und eine unvergängliche Herrlichkeit des Christenthums mit in die Stadt Gottes hinüber zu nehmen!

Hilf Jhm! – Laß, Herr! zu seinem und seines auf Erden erhabenen Königlichen Hauses Besten die Fürbitte von Millionen von Menschen und von dieser Versammlung vor dir gelten! – Sein Eingang und Ausgang sey hier, an diesem Tage und forthin in allen Tägen [sic] seines Lebens, an allen Orten, zu seinem großen Werke, – wie bisher inner= und außerhalb W W KorrekturOriginal: LandesgesegnetLandes gesegnet! Seine Hülfe sey überall im Namen desjenigen Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat! Und alles Volk sage mit still gerührter und zu Gott erhabener [sic] Seele: Amen!

Die Deutsche Versammlung hat nun unter mancherley Abwechselungen seit dem Jahre 1558. in dieser Le Geographicumf Ort: Stockholm Königs= und Landeshauptstadt und [S. 15] seit 1571. an dieser Le Geographicumg Gebäude: Stockholm, Gertrudskirche Stäte unverrückt ihren öffentlichen Gottesdienst gefeiert. Kein einziger der glorwürdigsten Könige und keine einzige der regierenden Königinnen haben ihre ersten Freyheiten eingeschränket; sondern vielmehr alle von Zeit zu Zeit huldreichst erweitert und vermehret, ihre Kirchen= und Schulanstalten auszeichnend beschützet und den daran arbeitenden Lehrern offenbare Beweise ihrer Königl[ichen] Gnade gegeben. Auf diesen Wink der höchsten Landesregierung haben die Kirchenglieder höhern, mittlern und niedern Standes aus allerley Ländern durch Schenkungen bey ihrem Leben und durch Vermächtnisse nach dem Tode gemerket und mit einander öfters gewetteifert, dasjenige anzurichten und zu unterhalten, was zum Nutzen und zur Zierde eines solchen von der Schwedischen Krone begünstigten Kirchenwesens etwas beytragen könnte.

Was die Tonkunst, es sey mit Menschen=Stimmen oder vermittelst künstlicher Werkzeuge auf den Verstand, auf das Herz und auf alle Gemüthsbewegungen des Menschen für einen Einfluß und Kraft habe, begriff das allerfrüheste Weltalter schon vor der Lm Ereignislegendär: Sintflut Sündfluth und in allen nachfolgenden Zeiten. Die Heyden meyneten, daß auch unvernünftige Thiere durch sie hingerissen würden. Wie viel sie, – die Tonkunst, – auf den empfindsamen Menschen zur Entzückung seines Herzens, Erweckung der Andacht und Lobpreisung Gottes vermöge; und wie würdig sie sey, zur Erhöhung des Gottesdienstes gebraucht zu werden; das zeuget die Ge= [S. 16] schichte und die tägliche Erfahrung. Diejenigen zu belehren und zu widerlegen, welche menschliche oder künstliche Stimmen oder alle beide vom Gottesdienste verbannen wollen, wäre hier vergeblich und unnütz. Eine kirchliche Versammlung, wie diese, deren Glieder von dem Erhabensten des glorwürdigen Reichs an bis zu dem Geringsten seiner getreuesten Unterthanen herab hier gegenwärtig sind, glaubet bey dem Erkenntnisse des Christenthums, daß Menschen= und Kunst=Stimmen dem alttestamentischen Gottesdienste Würde und Segen verschafften und im neutestamentischen, wo alles mit Anstande und Ordnung zugehen soll, nicht aufhören dörfen. Wir sollen Gott nicht allein mit unserm Geiste, sondern auch mit unserm Leibe preisen (3). Ja es wird so gar die sonst uns unbegreifliche Freude des Himmels unter manchen uns verständlichen Sinnbildern, und unter andern auch unter dem von der süßen Vereinbarung der Menschen= und Kunst=Stimmen, an mehrern Orten der heiligen Schrift vorgestellet.

Ohne irgend einem musikalischen Jnstrumente seinen Werth abzusprechen; – denn ein jedes ist geschickt, Gotte zur Ehre gerühret zu werden, – ist die Orgel seit ihrem Gebrauche, der ohngefähr in dem siebenten Jahrhunderte aufgekommen ist, das hauptsächlichste und zugleich das vollständigste, das Lob Gottes durch den Gesang zu befördern und bey diesem Stüc=


(3) Ly Bibelstelle1 Korinther 6,20 1 Kor. 6, 20.

[S. 17]

ke der öffentlichen Religions=Andacht Ordnung zu erhalten, auch das sonst von Natur zum Dienste Gottes träge Herz des Menschen dazu aufzumuntern und zu beleben. Nicht ist die Orgel eine Frucht des Aberglaubens, wenn sie auch unter Zeiten, darin er anfieng herrschend zu werden, aufgekommen ist, sondern eine Wirkung der sich vervollkommenden musikalischen Jnstrumente. Mit Nutzen bedienen sich also auch Christliche Gemeinden derselben. Unsere Vorfahren in dieser Versammlung thaten es. Jhre Nachkommen genossen jener Fürsorge in diesem Stücke bis auf unsere Zeiten. Die allmälige Zerstörung aller menschlichen Kunststücke ward aber auch hier bey dem vormaligen Orgelwerke mit der Zeit sichtbar. Ein Mann, der nach seinem Tode für die Kirchen, die Schulen und die Armen unter Gottes Leitung wohlthätig werden sollte, der verstorbene Königl[iche] Hof=Kellermeister, Lb PersonFuhrmann, Peter Heinrich (1714–1773) Pet[er] Heinr[ich] Fuhrmann legte den Grund zu einem neuen Hülfsmittel der Erbauung und der Zierde dieses Gotteshauses; und die Werkthätigkeit dieser Versammlung in Betreibung des Werks und in Zuschüssen mancherley Art, auch unter Erwartung zukünftiger Beyträge vollendeten es unter der Regierung eines Königs, unter dessen mildem Zepter und Beschützung alles was nützlich, anständig und zierlich ist, so leicht befördert wird.

So sehen wir denn dieß kunstreiche Werkzeug unserer öffentlichen Andacht vollendet. Von allem gemeinen und noch mehr sündlichen Ge= [S. 18] brauche sey es auf immer abgesondert. Ganz sey es der Ehre des großen Gottes, des allgemeinen Weltschöpfers gewiedmet! Es erhöhe unsere Jnbrunnst, wenn wir sein Lob mit Ängeln[4] und Menschen besingen; wenn wir die Wunder seiner Macht, Weisheit und Güte in der Schöpfung, Erlösung, und Heiligung preisen; wenn wir laute unser Glaubensbekenntniß mit der ganzen Christlichen Kirche anstimmen! Es erhalte uns in dem Wohlstande des Christlichen Gesanges! Lange sey es ein Denkmaal der Wohlthätigkeit seines ersten Lb PersonFuhrmann, Peter Heinrich (1714–1773) Stifters und der geneigten Beförderer, und gereiche ihnen zur Gnadenbelohnung vor demjenigen, dem die Opfer des Wohlthuns gefallen! Lange befördere es die Feierlichkeit einer Religions=Andacht, wobey diese Versammlung vor allen Dingen Bitte, Gebeth, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, hauptsächlich aber für unsern theuersten König und für die erhabenen Zweige seines auf Erden hohen königlichen Hauses thut, daß wir darunter ein geruhiges und stilles Leben führen mögen in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit (4).

Du, Deutsche Versammlung, die du nun vier Jahre ohne dieß feierliche Beförderungsmittel deiner Andacht gewesen bist, freue dich, dasselbe nun zu diesem heiligen Zwecke gebrauchen zu können; und zwar vorzüglich, zum erstenmale in der glücklichen und allerhuldreichsten


(4) Ly Bibelstelle1 Timotheus 2,1–2 1 Tim. 2, 1. 2.

[S. 19]

Gegenwart deines von Gott mit Preise und Ehre gekröneten Landesherrn!

Eine feurige Jnbrunnst beseele uns demnach alle, an den Lobgesängen der und vollendeten Gerechten im Himmel Antheil zu nehmen und miteinzustimmen: Ly BibelstelleOffenbarung 15,3–4 Groß und wundersam sind deine Werke, Herr, allmächtiger Gott! Gerecht und wahrhaftig sind deine Wege, du König der Heiligen! Wer sollte dich nicht fürchten Herr und deinen Namen preisen? denn du bist allein heilig (5)!

Wie könnte ich uns dazu eindringender ermuntern, und diese Einweihungsfeierlichkeit erbaulicher beschließen, als mit dem königlichen Ausrufe: Ly BibelstellePsalmen 51,17 Herr thue unsere Lippen auf, damit unser Mund deinen Ruhm verkündigen möge (6)! Hallelujah! Es geschehe mit dem Lob=Liede: Lw MusikwerkAnonym: Heilig ist Gott der Herre M Heilig ist Gott der etc.

Predigt.

Text.

Evangel[ium] am Johannis=Feste; Ly BibelstelleLukas 1,57–80 Luc. 1, 57 = Ende.

Ich fühle itzt das ganze Gewicht von Schwierigkeiten, vor einer so außerordentlichen Versammlung, als die gegenwärtige ist, zu reden; welche bey so verschiedenen Gemüthsgesinnungen, Fähigkeiten, Einsichten und Ständen un=


(5) Offenb. 15. 3.4.

(6) Ps. 51, 17.

[S. 20]

möglich zugleich und zusammen befriediget werden kann. – Jch fühle dieses Gewicht nicht aus Mangel, sondern vielmehr aus dem Ueberflusse von Texteslehren. Jch sehe inzwischen von allen andern ab und allein auf den Ly BibelstelleLukas 1,68–79 Lob=Gesang Zachariä. Er ist ein bündiger Unterricht, was Gott, besonders in seiner Größe, Barmherzigkeit und Herablassung gegen uns Menschen ist: und was diese in ihren Bedürfnissen, leiblichem und geistlichem Elende im Leben und im Tode sind, aber durch ihn vermittelst des Welterlösers hier und dort werden sollen und können. – Was Lb PersonZacharias Zacharias in dem damaligen Weltalter voraus sagte, gilt eigentlich und in seinem vollen Maaße von dem unsrigen. Der Mensch ist noch in seiner Natur so, wie er damals war. Gott ist uns aber nach der Erscheinung Jesu Christi auf Erden noch mehr und deutlicher als das wohlthätige und unsere Seligkeit befördernde Wesen offenbar geworden, als vorher. So wie Lb PersonNoach Noah vor und nach der Sündfluth lebete: So lebte Zacharias beym Schlusse des alten und im Anfange des neuen Testaments. Er pries die geistlichen Vorzüge des Messianers im voraus; wir genießen sie, als Christen, in der That. Sein Lobgesang soll also die Grundlage unsers Nachdenkens über den großen Vorzug werden: Jch bin ein Christ! Jch werde zuvörderst einen summarischen Jnbegriff dieses großen Vorzuges entwerfen; und alsdenn nöthige Betrachtungen zum Nachdenken darüber darbieten.

[S. 21]

Redete ich nicht zu einer Versammlung, die mit den Grundsätzen des Christenthums bereits bekannt wäre; so würde ich, um verständlich zu werden und diesen Vorzug in seinem gehörigen Lichte gleichsam anschauend zu machen, auch im ersten Theile viel weitläuftiger werden müssen: So aber kann ich mich auf eure Erkenntniß und auf eure Erfahrung berufen.

So ansehnlich sonst der Rang des Menschen in dem Naturreiche Gottes ist: So macht er doch offenbar, für sich in Gottes Gnadenreiche betrachtet, eine traurige Gestalt auf Erden. Der Text stellet ihn mit Recht dar, als durch geistliche Feinde bedrücket, dessen Verstand mit allerley schädlichen Vorurtheilen gegen die Wahrheit, dessen Herz zugleich mit Bangigkeit gegen Gott angefüllet ist, und welcher fürchterliche Aussichten in den Zustand nach diesem Leben hat. Jn unsern ältesten Vorfahren waren wir entweder Jüden oder Heyden. Was für eine elende Lage in beiden Fällen für Menschen unter dem neuen Testamente? Jm ersten würde die Decke Lb PersonMoses Mosis[5] vor unsern Verstands=Augen hängen; im andern würden wir die Götzen angebethet haben. Die nähere Aufklärung hierin haben wir ganz gewiß nur als Christen, wir mögen es eingestehen wollen oder nicht.

Was ists nun nicht für ein großer Vorzug, daß Gott, der Vater der Menschen, uns als sein Volk heimgesuchet hat, – uns würdig achtete, uns von der Geburt an, seinem [S. 22] Sohne, dem eigentlichen Aufgange aus der Höhe zu schenken, als Glieder der Christlichen und zwar einer vom Aberglauben gereinigten Kirche; wo wir durch Erkenntniß der Wahrheit regieret werden, wofern wir nicht muthwillig in Finsterniß und im Schatten des Todes bleiben wollen. Uns ist es nicht erlaubt, die Frage spitzfindig zu untersuchen, weßwegen Gott nicht andere dieser Gnade würdige und sie dem Christenthume durch die Taufe W W KorrekturOriginal: einverbeibeeinverleibe? Dieß hat die Gottheit allein ihrer Macht und ihrer weisen Bestimmung vorbehalten und hat dazu ganz gewiß ihre gegründeten, auf die göttlichen Eigenschaften und das Verhalten der Menschen beruhende, Ursachen. Niemand unter uns hat des Herrn Sinn erkannt. Niemanden unter uns hat er zum Rathgeber gemacht[6] (7). Genung! wir genießen dieser Wohlthat und müssen gerührt ausrufen: Gelobet sey der Herr![7]

Was ist es für ein unschätzbarer Vorzug, daß Gott wirklich unsere Füße auf den Weg des Friedens richtet, das ist: uns in das Gnadenreich Jesu Christi versetzet hat? Wir sind dadurch von Heyden, Muhammedanern, Jüden, und durch die Reformation von manchen irrenden Religionspartheyen abgesondert, und zu der Reinigkeit der apostolischen Kirche zurückgeführet worden. – Es sind uns alle dazu erforderliche Mittel hinlänglich verliehen. Jn unserer Jugend leitete man uns zu einem sichern


(7) Röm. 11, 34.

[S. 23]

Unterrichte. Wir wurden nicht, wie die Kinder bey den Unchristen, als ob wir ohne eine unsterbliche Seele wären, versäumet. Wir wurden nicht durch vorgebliche Kirchengesetze und falsche Ueberlieferungen von Lehrsätzen des Alterthums in vermeyntlichen Religionspuncten hartnäckig gemacht; sondern zu den sichern Mitteln und Quellen der Erkenntniß, dem gesunden Menschen=Verstande, dem Worte Gottes und Gewissen hingeleitet. Man verstattete uns den Gebrauch der heiligen Schrift und erleichterte uns denselben durch Uebersetzungen und andere nützliche Schriften. – Weit entfernt von Menschen, welche wie Thiere ohne allen öffentlichen Gottesdienst leben, genießen wir einen verständlichen öffentlichen Gottesdienst in den uns bekannten Sprachen; übereinstimmig mit den Apostolichen [sic] Gebräuchen im Geiste und in der Wahrheit, gereinigt von den Ungereimtheiten, Aberglauben und wohl gar Gottlosigkeiten anderer Religionspartheyen. – Christlicher Gesang, Gebeth, Belehrung, Sakramente sind über alle Ausdrücke wohlthätig und tröstlich.

Was ist es für ein erhabener Vorzug des Christenthums, daß wir darin warhaftige, durch den Tod Jesu Christi gestiftete Erlösung und zugleich täglich und reichlich Vergebung der Sünden theilhaftig werden. Sich derselben zu versichern, indem wir dummdreiste auf Gottes Gnade, unsere oder anderer Menschen vermeyntliche Unsündlicheit und gute Werke hingewiesen würden; das wäre alles ungewiß, ungegründet [S. 24] und am Ende trostlos. Christen gehen sicherer. Bey ihnen liegt die Versöhnung, die durch Jesum Christum geschehen ist, zum Grunde. Diese sehen sie bey wahrer Bußfertigkeit für die einzige Zuflucht an. Diese eignen sie sich im wahrhaften Glauben zu. Die Wahrheit und Wirklichkeit der Buße und des Glaubens beweisen sie thätig durch Heiligkeit und Gerechtigkeit des Lebens, die vor Gott gefällig ist. – Davon weis man ohne die Ueberzeugung: ich bin ein Christ, nichts. Nur in jener Ueberzeugung wissen wir Gott habe uns in Christo Ly BibelstelleKolosser 2,13 geschenket alle Sünden! (8) und: Wir seyn Ly BibelstelleRömer 5,12 Gotte versöhnet durch den Tod seines Sohns (9)!

Was ist es für ein unendlicher Vorzug, sich eines sichern, und aus dem vorigen fließenden, Anrechts an eine ewige Seligkeit bey Gott bewußt zu seyn? Dem Gottlosen bleibt entweder kein anderer Trost übrig, – und wie elend ist er nicht? – als ewig vernichtet zu werden; oder dieß Schrecken, in ein ewig dunkels Thal von Unglück überzugehen. Dem Christen hingegen ist durch Jesum Christum Leben und Unsterblikeit an das Licht gebracht worden[8] (10). – Leiden, Trübsale, Krankheiten und der Tod selbst verlieren ihre Schrecknisse bey den Vorstellungen: Ly Bibelstelle2 Timotheus 1,12 Jch weis es, an welchen ich glaube (11)! – Ly Bibelstelle1 Korinther 15,55 Der Tod ist verschlungen in den Sieg (12)! Eben wenn


(8) Kol. 2, 13.

(9) Röm. 5, 10.

(10) Ly Bibelstelle2 Timotheus 1,10 2 Tim. 1, 10.

(11) V. 12.

(12) 1 Kor. 14, 55.[9]

[S. 25]

die Leuchte der Gottlosen bey dem Tode erlöschet; so geht grade dem Christen das Licht der Ewigkeit auf. Wenn jener voller Verzweiflung ist, daß diese ganze Welt ihn und er sie verlassen muß, und er sich dem Tage nähert, wo kein Entfliehen seyn wird: So kann der Gerechte mit großer Freudigkeit vor dem Weltrichter stehen. Da so viele Menschen ohne Hoffnung, und vielleicht nicht wenigere in Verzweiflung auf den Tod und das Weltgericht sind; So tröstet sich der Christ damit: Es Ly BibelstelleHebräer 4,9 ist noch eine Ruhe vorhanden dem Volke Gottes (13)!

So viel hat Gott an uns gethan; so glücklich hat er uns gemacht! Was sollen wir ihm wieder thun? wie ihm die Barmherzigkeit erwiedern, die er an uns gethan hat? Zum Nachdenken darüber will ich euch zweytens einige kurze Betrachtungen darbieten.

Die Menge und Größe dieser Vorzüge müssen wir oft überlegen und ein frisches Angedenken in uns davon zu unterhalten suchen. Zacharias rief in seinem Lobgesange die hauptsächlichsten Verheißungen Gottes im Alten Testamente vom Lb PersonAbraham Abraham bis zum David und von diesem bis zum Lb PersonMaleachi Maleachi in ein lebhaftes Angedenken zurück. Der Christ folget ihm darin nach. »Wie zahlreich,« sagt er: »wie göttlich groß sind diese Vorzüge? Wie leicht und kräftig wird dadurch unsere Wohlfahrt zu unserer Heiligung in diesem Leben und zum vollkommensten Glücke


(13) Ebr. 4, 9.

[S. 26]

in der Ewigkeit gefördert? Wie wenig Recht haben wir, sie zu erwarten, und wie wenig haben wir sie verdienet? Wie merklich und gewiß sind sie in Absicht der Beförderung unserer ewigen Wohlfahrt geschehen? Wir hatten ja kein Recht dazu. Jnzwischen, ehe wir da waren, war schon an uns gedacht! Wer hat dem Herrn etwas zuvor gegeben, das ihm werde wieder vergolten: Gelobet sey also der Herr, denn er hat besuchet und erlöset sein Volk!« Gedanken dieser Art müssen uns kräftig zu einer inbrünnstigen Gegenliebe gegen einen so großen Wohlthäter erwecken. Diese müssen wir in ein lebendiges Vertrauen und Zuversicht auf Gott übergehen lassen.

Gegen diese Vorzüge müssen wir aufs möglichste erkenntlich werden und uns beeifern, solches auf das werkthätigste zu beweisen.

Eine stille, eine geheime Dankbarkeit in uns selbst muß uns durchaus beseelen. Sie ist die Grundlage von dem Uebrigen. Ohne sie sind laute Lobpreisungen oft zweydeutig, häuchlerisch; ja nur ein Gotte misfälliges Wortgepränge.

Ein äußerliches und feirliches [sic] Dankbekenntniß gegen Gott darf von uns nicht unterlassen, sondern muß gehörig angestellet werden. So machte es Zacharias. Er brach laute in Worten aus. O wie heilig, rührend, allgemein bessernd ist nicht die Lobstimme einer Familie oder gar einer zahlreichen Versammlung, die Ly BibelstelleRömer 15,6 mit einem Munde einmüthiglich lobet Gott [S. 27] und den Vater unsers Herrn Jesu Christi (14)!

Hauptsächlich wird indessen die pflichtmäßige Anwendung so großer Vorzüge von uns gefodert; eine Anwendung, welche den großen Absichten des göttlichen Wohlthäters gemäß ist. So verstand es Zacharias und er rief deßhalb aus: daß wir Ly BibelstelleLukas 1,74–75 ihm dieneten ohne Furcht unser lebenlang in Heiligkeit und Gerechtigkeit, die ihm gefällig ist. Die gemeldeten Vorzüge sollen uns nicht stolz, noch weniger sicher machen und zu Unordnungen und Gottlosigkeiten anleiten. Können wir glücklicher weise mit Lb PersonPaulus von Tarsus (10 v. Chr. – 60 n.Chr.) Paulo sagen: Ly BibelstelleEpheser 1,3 Gelobet sey Gott und der Vater unsers Herrn Jesu Christi, der uns gesegnet hat mit allerley geistlichem Segen in himmlischen Gütern; So dörfen wir auch nicht vergessen: Ly BibelstelleEpheser 1,4 wie er uns denn erwählet hat in demselben, daß wir sollten seyn heilig und unsträflich vor ihm in der Liebe[10] (15). Wie wichtige und zum Theile schwere Obliegenheiten fodert nicht dieß von uns? Wir müssen uns vor der Seuche der Jrreligion und des Unglaubens sorgfältigst hüten, daß wir ja nicht von ihr angestecket werden. Beide sind der Taumelbecher, der itzt in Reden, Sitten und Schriften so fleißig dargereichet und dadurch ein Gift mitgetheilet wird, welches den Verstand betäubet, die Einbildungskraft hinwegreißt, das Herz verführet, das Gewissen verwirret, uns in den Abgrund einer gefährlichen Zweifel=


(14) Röm. 15, 6.

(15) Eph. 1, 3. 4.

[S. 28]

sucht versinken läßt und uns am Erde ganz gewiß höchst unglücklich macht. – Wir müssen uns dem Reiche der Finsterniß, daraus wir durch das Evangelium Jesu Christi errettet sind, nicht wieder durch Jrr= und Abwege nähern, sondern in dem Lichte wandeln, welches der Aufgang aus der Höhe, der Welt=Erlöser, durch seine heilige Lehre uns angezündet hat. Wie reimet sich Licht und Finsterniß mit ein ander? Wir müssen uns in einer thätigen Ausübung aller heilsamen Vorschriften des Evangelii finden lassen und den thätigen Gehorsam unter solchen merklich beweisen. – Öffentlicher Gottesdienst und Benutzung der heiligen Sakramente müssen uns äußerst am Herzen liegen. Sie nicht zu gebrauchen, wäre die schnödeste und gröbste Undankbarkeit. – Dadurch müssen wir suchen, unsere Berufung und Erwählung fest zu machen; uns unserer Begnadigung vor Gott so zu versichern, wie Zacharias; und durch eine so gewisse Hoffung, dergleichen wir als Christen haben können, uns erwecken, muthig zu Ly BibelstelleTitus 2,12 verläugnen das ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste; zu verlassen was dahinten ist und uns zu strecken nach dem, das da vornen ist;[11] nachzujagen dem uns vorgesteckten Ziele und Kleinode des ewigen Lebens;[12] und unsern Wandel im Himmel[13] seyn zu lassen (16).

Wenn wir nun um uns hersehen, meine Theuersten in dem Herrn, auf uns und die


(16) Tit. 2, 12. Ly BibelstellePhilipper 3,13–14.20 Phil. 3. 13, 14. 20.

[S. 29]

Mitchristen unserer Zeit, was nehmen wir alsdenn wahr? Welche Empfindungen können und müssen da in uns rege werden? – Sollten es nicht zufriedene und freudige über diese so große und von Gott allen zugedachte Vorzüge seyn? Allerdings! – Können wir aber auch eben solche über die treue und gewissenhafte Benutzung und Anwendung derselben haben? Wollte Gott? Dieß fände überall statt! Vielleicht aber dörfte der Undank der Menschen nur allzu sichtbar dagegen seyn. Großer Gott! Wie heben Unglaube und Religions=Verachtung und Spott ihr Haupt erfrecht empor! – Die Religions=Kenntnisse, die man vor dem Heydenthume, Muhammedthume und andern falschen und irrigen Religions=Partheyen voraus hat, werden einer fälschlich gerühmten Vernunft zugeschrieben; – ihr, die allerdings das göttliche Vermögen ist, die ihr verkündigten Lehren zu fassen und zu prüfen; die aber unrichtig und irrig für eine Quelle derselben angegeben wird. Das Christenthum hingegen, dem man es alles zu verdanken hat, wird oft unter die Füße getreten und höhnischer Weise in Gesprächen und Schriften unterdrücket. – Großer Gott! wie ist die Unheiligkeit des Lebens, die Verachtung und Geringschätzung dessen, was göttlich und heilig ist, noch immer in der Welt so groß? Wie anstößig die treulose Ausrichtung des Berufs; der Hang zu den Thorheiten der Welt; die Ungescheutheit, nicht allein selbst böses zu thun, sondern noch wohl gar Gefallen zu [S. 30] haben an denen, die es thun? (17) und sich also, als Bewohner der Finsterniß und Liebhaber der Schatten des Todes öffentlich darzustellen? Muß man da nicht mit Lb PersonMoses Mose fragen? Dankest du also dem Herrn, deinem Gotte (18) und mit Lb PersonPaulus von Tarsus (10 v. Chr. – 60 n.Chr.) Paullo: Verachtest du den Reichthum der Güte Gottes (19)?

Euch alle fodere ich also in dem heiligen Auftrage meines Amts feierlich, freundlich und ernstlich zur rechtschaffenen Dankerkenntlichkeit gegen diese von Gott euch verliehenen Vorzüge auf! – Das Glück, ein rechtschaffener Christ zu seyn; Dieß mit der That in reiner Evangelischer Gottesdienstlichkeit zu beweisen; davon die süßen Erfahrungen im Leben, Trübsalen, Krankheiten und Tode zu haben; davon die ewigen Folgen in einer ununterbrochenen Herrlichkeit einzuärndten: Dieß alles müsse euch zum thätigen Eifer ermuntern, in den Vorschriften des Evangelii unsträflich zu wandeln, daß ihr die gewisse Ueberzeugung, Christen zu seyn, mit Wahrheit behaupten und darin sichere Ruhe für euren unsterblichen Geist finden könnt. Vorzüglich Ruhe alsdenn, wenn euer unsterblicher Geist sonst nirgends Ruhe finden kann, noch wird.

Euch alle warne ich hiernächst kraft der mir obliegenden großen Pflicht eines Christlichen Lehrers vor der traurigen aber durch eigenes Muthwillen verschuldeten Erfahrung, welche, jedoch zu späte, in jener Klagstimme ausbricht: Wir haben des rechten Weges gefehlet und das


(17) Röm. 1, 32.

(18) 5 B. Mos. 32, 6.

(19) Röm. 2, 1.

[S. 31]

Ly BibelstelleWeisheit 5,6–9 Licht der Gerechtigkeit hat uns nicht geschienen, und die Sonne ist uns nicht aufgegangen. Wir haben eitel unrechte und schädliche Wege gegangen und haben gewandelt wüste Umwege. Was hilft uns nun Pracht, Reichthum, Hochmuth? Es ist alles dahin gefahren, wie ein Schatten (20).

Gelobet sey der Herr, daß ich dieß Zeugniß vor einem aufgeklärten Könige, vor einem Regenten, der ein Bekenner des Evangelisch=Apostolischen Glaubens ist, ablegen kann! Gelobet sey der Herr, daß ich ihn nicht allererst zweifelhaft, wie Lb PersonPaulus von Tarsus (10 v. Chr. – 60 n.Chr.) Paullus [sic] den König Lb PersonHerodes Agrippa II. (27 – ca. 92) Agrippas, fragen darf: Ly BibelstelleApostelgeschichte 26,27 Glaubst Du Könjg, den Propheten (21)? Glaubst Du den Aposteln Jesu Christi, ja Jesu Christo selbst? – Sondern, daß ich dieß als ausgemacht ansehen kann. Dieß ganze Le Geographicumh Territorium: Schweden Reich, die Einwohner dieser Le Geographicumf Ort: Stockholm Residenz und diese Versammlung wissen, daß er an den Blutgierigen, an den Falschen, an den Religionsspöttern keinen Gefallen hat; sondern er mit David sagen kann: Jch habe lieb den Ort, da die Ehre des Herrn wohnet und ich halte nich [sic] , Herr, öffentlich zu deinem Altare[14] (22), als ein Bekenner des Namens Jesu Christi!

Gelobet sey der Herr, daß ich euch alle von welchen Verhältnissen ihr immerhin seyn möget, nicht blos als meine Mitgeschöpfe, sondern auch als meine Miterlösete und zur ewi=


(20) Weish. 5. 6=9.

(21) Gesch. 26, 27.

(22) Ly BibelstellePsalmen 26,6.8 Ps. 26, 8. 6.

[S. 32]

gen Herrlichkeit Mitgeheiligte ansehen kann! Welch Lob Gottes wird denn von uns gehöret werden, wenn wir uns einst in dem Himmelslichte als ewig Verherrlichte freuen werden?

Wohl dem Volke, dem von seinem Könige an bis zu dem geringsten seiner Unterthanen herab, in einem so großen Vorzuge das Loos aufs liebliche gefallen ist! Wohl also auch dem Volke, des der Herr alsdenn gewißlich und unfehlbar sein Gott ist![15] Amen (23)!

Nach dem Kirchengebethe und Vater Unser.

Dieses Tages werde denn, als eines festlichen Tages bey uns und bey unsern Nachkommen gedacht! Es werde mündlich und schriftlich gerühmet, wie huldreich sich Gustaf der Dritte gegen die kirchliche Versammlungen seines Reichs und auch gegen die Deutsche erwiesen. Viel zu unvermögend bin ich, den ehrfurchtsvollen Dank mit Worten auszudrücken, den sie, – diese Versammlung, – durch meinen Mund zu den Füßen seiner geheiligten Person darbringt. Aller Herzen müssen ihm vielmehr dieß schuldige Opfer bringen!

Der Herr Ly BibelstellePsalmen 20,3 sende Dir Hülfe vom Heiligthume und stärke Dich aus Zion (24)!

Der Friede des Herrn sey mit euch allen! Amen!


(23) Ly BibelstellePsalmen 144,15 Ps. 144, 15.

(24) Ps. 20, 3.

Einzelanmerkungen

  1. Die Ld OrgelNorrköping, Sankt-Olai-Kirche; Olof Schwan-Orgel (1775) Orgel in Norrköping war Schwans erste selbstständige Arbeit. Über das zweite hier erwähnte Instrument konnten keine Informationen beschafft werden, auch die gemeinte Kirche ließ sich nicht identifizieren.
  2. Zum Zeitpunkt der Orgelweihe waren mindestens drei Angehörige dieser Familie in schwedischen Militärdiensten, weshalb eine genauere Zuweisung hier nicht möglich ist, vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Aminoff_(Adelsgeschlecht) . Auch die folgenden Personen, die zur Suite des Königs gehörten, stammen aus weit verzweigten Adelsgeschlechtern und lassen sich ohne Vornamen oder genaue Kenntnis der Hofämter im damaligen Schweden nicht identifzieren.
  3. Matthäus zitiert wörtlich die hier angegebenen Psalmverse.
  4. Diese Schreibweise begegnet auch auf S. 19 der Predigt.
  5. Anspielung auf Ly BibelstelleExodus 34,34–35 Ex 34,34-35. Vgl. hierzu https://www.bibelstudium.de/articles/2463/die-decke-moses.html .
  6. Beantwortung der rhetorischen Frage, die an der unten angeführten Stelle, Ly BibelstelleRömer 11,34 Röm 11,34, gestellt wird.
  7. Diese Wendung kommt so häufig in der Bibel vor, dass eine konkrete Zitatquelle nicht genannt werden kann.
  8. Anspielung auf die angegebene Ly Bibelstelle2 Timotheus 1,10 Bibelstelle.
  9. Die Kapitelangabe ist fehlerhaft. Das Zitat stammt aus dem 15. Kapitel des ersten Korintherbriefs.
  10. Der Mittelteil des Verses wurde weglassen.
  11. Paraphrase der angegebenen Ly BibelstellePhilipper 3,13 Bibelstelle.
  12. Paraphrase der angegebenen Ly BibelstellePhilipper 3,14 Bibelstelle.
  13. Anspielung auf die angegebene Ly BibelstellePhilipper 3,20 Bibelstelle.
  14. Teils gekürzte, teils amplifizierte Paraphrase der angegebenen Ly BibelstellePsalmen 26,6.8 Bibelstelle.
  15. Stark ausgeschmückte Paraphrase der angegebenen Ly BibelstellePsalmen 144,15 Bibelstelle.

Letzte Änderung dieses Dokuments am 10. Februar 2023.

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