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Orgelpredigt

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a Predigt Bey der Einweihung einer Orgel (Leipzig 1797)

Einführung in die Edition

Einführung

Die vorliegende La OrgelpredigtPredigt Bey der Einweihung einer Orgel (Leipzig 1797) M Orgelpredigt erschien nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Einweihung einer Orgel. Sie wurde in einem Lr QuellenTrinius, Der populäre und praktische Casual=Prediger (1797) M Band mit Kasualpredigten publiziert. Der Lc PredigtautorTrinius, Johann Jacob Bernhard (1752–1815) Autor versammelte darin offenkundig seine eigenen, zu verschiedenen Anlässen gehaltenen Kanzelreden, so wie es vor ihm Lc PredigtautorDieterich, Conrad (1575–1639) Conrad Dieterich, Lc PredigtautorHartmann, Johann Ludwig (1640–1684) Johann Ludwig Hartmann und Lc PredigtautorPorst, Johann (1668–1728) Johann Porst getan hatten.[1] Während diese Verfasser jedoch den Wortlaut ihrer Reden bis auf kleinere Fehlerkorrekturen unverändert übernahmen, tilgte Lc PredigtautorTrinius, Johann Jacob Bernhard (1752–1815) Trinius in seinem Predigtband alles, was auf den ursprünglichen Anlass hinweisen konnte. So erfährt der Leser nicht, von welcher Orgel in welcher Kirche hier die Rede ist.

Dennoch unterscheidet sich Trinius' Ansatz auch von früheren Mustersammlungen, die den Pfarrern exemplarische Predigten zusammenstellten.[2] Trinius verbindet nämlich die Einweihung einer neuen Orgel mit der Antrittsrede eines Pfarrers an seiner neuen Dienststelle. Dies ist eine äußerst ungewöhnliche Kombination. Dass Trinius seine Antrittspredigt, eine einst besonders gewichtige und anspruchsvolle homiletische Gattung, in der die theologische Berufung des neuen Pfarrers und das Amtsverständnis eines lutherischen Hirten ausgiebig erörtert zu werden pflegten, mit der Orgeleinweihung verknüpfte, wirft ein Schlaglicht auf den Dignitätsverlust, dem die Predigt am Ende des 18. Jahrhunderts ausgesetzt war. Die Verbindung einer Orgelweihe mit weiteren Anlässen begegnet sonst eher als gleichzeitige Einweihung der Orgel und der gesamten Kirche. Die hier präsentierte Lösung, die inhaltlich kaum eine Berechtigung hat, lässt sich eigentlich nur dadurch erklären, dass der Autor auf eine real stattgefundene Predigt zurückgriff. Sollte es sich bei der Verknüpfung von Orgeleinweihung und Amtseinführung tatsächlich um den Reflex einer konkreten Situation gehandelt haben, würde dies gewisse Indizien für den ursprünglichen Entstehungsort der Orgelweihpredigt liefern. Trinius‘ Lebenslauf führte erst in der letzten Etappe zu einer regulären Pfarrersstelle, die er 1789 in Le Geographicumf Ort: Krosigk Krosigk antrat. Leider konnte bisher nicht ermittelt werden, ob hier im selben Jahr auch eine neue Orgel eingeweiht wurde.

Entdeckt wurde die nicht als separates Werk erfasste Predigt durch Suchanfragen in der Erweiterten Suche unter Google Books.[3] Als Treffer gefunden wurde folgende Rezension des Predigtbandes, die zum einen einen guten Überblick über den Inhalt liefert, zum anderen die kritische Aufnahme durch die zeitgenössischen Kollegen dokumentiert:

Die Leser finden hier: Antrittspredigt; Huldigungsrede bey Friedr. Wilh. II.; Gedächtnißrede auf Friedrich den Einzigen; Rede bey erhaltener Marschordre; nach dem Ausmarsche; bey Zurückkunft; nach Verhaftnehmung eines Verbrechers; nach geschehenem Selbstmorde; nach geschehenem Kindermorde; Abschiedspredigt; zwey Predigten am Neujahrtage und drey am Bußtage; zwey Schulpredigten; Predigt bei Einweihung einer Orgel; Predigt auf das Frühjahr; drey Predigten am Charfreytage; Visitationspredigt; über den Eid; Gedächtnißrede bey dem Tode eines Predigers; zwey Leichenpredigten; Gedächtnißrede auf den Prinzen Ludewig von Pr.; dergleichen auf die verwittwete Königinn von Pr. – Alle diese Predigten, die von sehr verschiedenem Werthe sind, verdienen nicht als Muster aufgestellet zu werden. Eine scharfe Kritik würde sie kaum unter die mittelmässigen stellen. Der Verf. hat sich nicht genannt; wohl aber merklich charakterisirt. Er ist sieben Jahre Feldprediger bey dem Hallischen Regimente gewesen, und die meisten seiner Reden hat er vor der Garnison gehalten. Die erste Antrittspredigt behandelt das Bild eines christlichen Soldaten, wie er Gott fürchtet und den König ehrt. Sie zeichnet sich auf keine Weise vortheilhaft aus: bald findet man hochtrabenden Wortschwall, bald niedrigen Ausdruck. Jn der Huldigungsrede heißt es S. 25. „Engel steigen herab, um euer Gelübde zum Throne des Allerhöchsten zu tragen. Dort über Sonne und Sterne, dort am Throne des Weltbeherrschers, dort stehet es dann geschrieben, euer Gelübde, mit unauslöschlicher Flammenschrift geschrieben, und wird einst wider euch zeugen, und Gottes Rache und eure Verdammniß rechtfertigen, wofern ihr jemals brechen wolltet. Der Meineidige wird der Rache Gottes etc. Schon sehe ich den Meineidigen vom schwarzen gebranntmarkten Gewissen geängstigt, höre ihn ächzen, die Stunde der Geburt verfluchen, von Gewissensbissen zerrissen, mit Schauern des Todes, des Grabes, des Gerichts und der Verdammung kämpfen, höre ihn winseln, angstvoll rufen: Erbarmen, Hülfe, Rettung, Tod, Vernichtung! Er flehet und winselt umsonst. Menschen können ihm nicht helfen, und Gott will ihm nicht helfen. Gott sagt: Jch will mein Antlitz wider euch stellen, will ein Racheschwerdt über euch bringen, will Pestilenz etc.“ (Wie mögen die Officiere, bey dieser grellen Vorstellung, die Achsel gezuckt haben!) Jn der Predigt nach einem Selbstmorde handelt der Verf. von den Regeln der Diät zur Erhaltung der menschlichen Gesundheit. Jm Vortrage nach einem Kindermorde legt er das Evangelium Matth. 8. 1-4. zum Grunde. Jn der Predigt vom Eide sucht der Verf. bloß Grausen gegen den Meineid hervorzubringen: „von allen Menschen verabscheuet, vom Himmel verlassen, in jedem Elemente ein Rächer, verwünscht er seine Geburt, flehet mit der Stimme der Verzweiflung um seine Vernichtung. Ach, um Jesu Christi willen etc.“ (Jede Uebertreibung würkt zum Gegentheil.)

Rec. weiß sehr wohl, daß Casualreden nicht Jedermanns Sache sind, weil feine Urtheilskraft zu ihrer Ausarbeitung, wenn sie gelingen soll, nöthig ist. Desto vorsichtiger sollte jeder seyn, der seine Arbeit andern als Muster empfehlen will. Aber auch dann, wenn eine Casualpredigt ein unverkennbares Muster ist, müssen wir das imitatorum genus wohlmeinend warnen, Zeit, Umstände, Ort, Personen, wohl zu unterscheiden, damit aus der Erbauung kein Gespötte werde.[4]

Negativ bewertet wurde der Band auch in einem anderen Überblick über aktuelle Predigtliteratur. Hier wurde zugleich die Identität des Autors offen gelegt: Desto unbefriedigender ist ein von Trinius ohne Namen herausgegebener Casualprediger.[5] Ungeachtet dieser Kritik gab Trinius bald darauf eine überarbeitete und auf zwei Bände erweiterte Lr QuellenTrinius, Entwürfe zu Casualpredigten und Reden (1800) M Sammlung mit Kasualpredigten heraus.[6]

Insgesamt repräsentiert dieses Beispiel ein spätes Stadium in der Entwicklung der Orgelpredigt. Der Autor verzichtet nicht nur gänzlich auf gelehrten Ballast und tradierte Topoi, sondern stellt auch so gut wie keine biblischen Bezüge mehr her. Die Zahl der in der Rede erwähnten Personen, Orte, Ereignisse und Bibelstellen ist auf ein absolutes Minimum geschrumpft. Für die Entwicklung der lutherischen Musiktheologie besonders interessant ist der Umstand, dass das Lob Gottes als zentrale Funktion kirchlichen Musizierens nicht mehr erwähnt wird. Für Trinius reduziert sich die Aufgabe der Orgel völlig auf die Begleitung der singenden Gemeinde. Dies wird als selbstverständlich angenommen. Der gemeinschaftliche Kirchengesang wiederum dient der Erbauung, wobei der Klang der Orgel zur Erzeugung einer sakralen Atmosphäre beiträgt ebenso wie das Innere des Kirchenraums.

Quellenbeschreibung

Das Werk ist Teil des ohne Angabe eines Autors veröffentlichten Oktav-Bandes Lr QuellenTrinius, Der populäre und praktische Casual=Prediger (1797) M Der populäre und praktische Casual=Prediger in Beispielen. Es findet sich an 19. Stelle auf den Seiten 317 bis 332. Auf der Seite mit dem Titel (S. 317), der darauffolgenden leeren Seite 318, sowie der ersten Textseite der Predigt (S. 319) ist keine Seitenzahl aufgedruckt. Die Paginierung umfasst also die Seiten 320 bis 332. Der Titel Neunzehnter Vortrag. Predigt. Bey der Einweihung einer Orgel zugleich auch Antrittspredigt in einer Filial über Text. L Psalm LXVI. v[ersi] 1-3. (S. 317) ist im Inhaltsverzeichnis mit miniminalen Abweichungen aufgeführt.[7] Der Text enthält weder Marginalien, noch Fußnoten oder andere Anmerkungen. Als Kolumnentitel dient auf den Seiten 320 bis 332 auf geradzahligen Seiten die Überschrift Neunzehnter Vortrag. Predigt. etc., auf den ungeradzahligen Seiten die dazu gehörige Fortsetzung Bey Einweihung einer Orgel. Der Kolumnentitel wird in der digitalen Edition nicht wiedergegeben. Der Druck ist völlig schmucklos und verwendet eine einheitliche Schrifttype.

Der Predigtband ist heute nur noch in drei Exemplaren in kleineren Bibliotheken nachweisbar. Er wurde bisher nicht in einer digitalen Sammlung zugänglich gemacht. Für die vorliegende Edition stellte die Bibliothek des Erzbistums München und Freising einen Scan zur Verfügung, auf den sich die Edition auf diesem Portal stützt. Eine Autopsie der Drucke war leider nicht möglich.[8]

Lucinde Braun

Einzelanmerkungen

  1. Vgl. Kirchweih= oder Orgel=Predigt (Leipzig 1632); Kirchweih= oder Orgel=Predigt (Frankfurt a. M. / Leipzig 1669); Orgel=Predigt (Gießen 1678); Die edle und wohlgeordnete Music der Gläubigen (Halle 1727); Die edle und wohlgeordnete Music der Gläubigen (Halle 1735).
  2. Vgl. als Überblick die Einführung zu Organi Laudes (Plauen 1685).
  3. https://books.google.de/advanced_book_search
  4. Rezension Casual-Prediger (1798).
  5. Schmidt, Geist der theologischen Literatur des Jahres 1797 (1798), S. 132.
  6. Das einzige nachgewiesene Exemplar des zweibändigen, anonym publizierten Drucks gehört ebenfalls zum Bestand der Bibliothek des Erzbistums München und Freising. Es wurde für die Edition nicht weiter überprüft.
  7. Neunzehnter Vortrag. Bey der Einweihung einer Orgel, zugleich auch Antrittspredigt in einer Filial. Ueber Psalm 66. v[ersi] 1 = 3. (Trinius, Der populäre und praktische Casual=Prediger (1797), S. XIII)
  8. Herzlicher Dank gilt Dr. Martin Walko (Bibliothek des Erzbistums München und Freising) für die kostenlose Überlassung eines Scans, die Erlaubnis einer kommentierten, digitalen Edition, sowie für die Ergänzung fehlender Titeldaten trotz der Schließung der Bibliothek wegen Baumaßnahmen im Januar 2017.

Exemplare

  • Freising, Dombibliothek (D-FS): M/015 00165
  • Bielefeld, Synodalbibliothek des Kirchenkreises (D-BIla): 79
  • Überlingen, Leopold-Sophien-Bibliothek (D-Ü): Bd 140

Portaldaten

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Letzte Änderung dieses Dokuments am 21. Dezember 2022.

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