a Organon Spirituale (Gotha 1690)
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- Leichner, Johann Carl
- Organon Spirituale (Gotha 1690)
- Organon Spirituale | Oder | Geistliches | Orgel=Werck/ | Wie also | Die Christliche Kirche/ bey Einweihung einer | neuen Orgel am XVII. Sonntag Trinitatis, | 1689. durch dessen Evangelii | Application | Der Christlichen | Gemein zu Grossen Rettbach | vorgestellet wurde/ | Vnd den Jnwohnern zur Erinnerung/ und | Gedächtnis des so gäntzlichen Abnehmens dieses Dorffs | in den vorigen Kriegs=Zeiten/ und des jetzigen erfolgten | Aufnehmens in den Friedens=Zeiten zum | Druck befördert | Von | Johann Carl Leichnern Saltzung. | Pfarrern daselbst | Gotha/ Gedruckt bey Christoph Reyhern/ 1690.
- [14] Bl.
- Gotha, 1690
- Christoph Reyher
- VD17 39:136300M
- o-s- ndI. n-ie bebi C 1690A
- lutherisch
- Lk 14,1–24
- 2. Oktober 1689, 17. Sonntag nach Trinitatis / Großrettbach
- Großrettbach, Georg Adam Bodinus-Orgel 1689
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Inhalt
Lc PredigtautorLeichner, Johann Carl (1631–1700) Johann Carl Leichners La OrgelpredigtOrganon Spirituale (Gotha 1690) M Orgelpredigt wird in diesem Portal nicht ediert. Obwohl die Predigt 1689 zur Einweihung einer Ld OrgelGroßrettbach, Georg Adam Bodinus-Orgel 1689 neuen Orgel in Le Geographicumf Ort: Großrettbach Grossrettbach gehalten wurde, beschäftigt sich der Autor so gut wie gar nicht mit musikalischen Fragen. Die Orgel ist zwar titelgebend und auch insofern von Bedeutung, als Leichner – wie er anfangs ausführt – von einer normalen Auslegung des Ly BibelstelleLukas 14,1–24 Sonntagsevangeliums und der Thematik des Gastmahls, die sich daraus ergibt, absieht. Er setzt das Instrument jedoch lediglich als eine Denkfigur ein, an die sich drei Fragestellungen knüpfen lassen, die das Grundgerüst der Predigt bilden:
Wir wollen aber dieses beyseit setzen/ hingegen aber unser Sonntägliches Evangelium auf eine andere Art appliciren. Und weil wir jetzo unser gesetztes neues Orgel=Werck zum ersten mahl hören/ eine erbauliche Betrachtung hiervon anstellen/ da auch besonders die Christliche Kirche mit einem Orgel=Werck gar füglich verglichen werden kan. Demnach wollen wir
Die Christen als ein geistlich Orgel=Werck vorstellen/ und zwar
I. Was ihnen wohl anständig sey.
II. Ubel anstehe.
III. Hoch von nöthen sey.[1]
In der sich anschließenden Abhandlung (Tractatio) wird zu Beginn der drei Abschnitte immer die Orgel als Ausgangspunkt gewählt. Ein kurzes prägnantes Bild bietet den Hörern so den Einstieg in die abstrakteren, theologischen Fragestellungen. Leichner greift dabei auf bekannte allegorische Deutungsmuster der Orgel zurück. Es handelt sich allerdings um sehr knappe Äußerungen, die anders als in vielen anderen Orgelpredigten nicht weiter vertieft werden, sondern sofort zugunsten der damit verbundenen theologischen Inhalte verlassen werden. Um dies zu veranschaulichen, übertragen wir hier jeweils den Anfang der Teile I. bis III.:
I. Unter andern Stücken/ welcher wegen die Christen mit den Orgeln können verglichen werden/ ist auch die ungleiche Grösse der Pfeiffen/ deren eitliche groß/ etliche klein sind: Also sind die Christen ungleiches Standes. Denn etliche sind hohes/ etliche niedriges Standes/ etliche reich/ andere sind arm. Was nun den Orgeln wohl anstehet/ das stehet vielmehr den Christen/ als einem geistlichen Orgel=Werck wohl an/ welches das erste Stück ist/ davon wir zu handeln haben.
Den Orgeln stehet wohl an/ daß die beysammen stehende Pfeiffen einander leiden/ die grossen werffen die kleinen nicht über einen Hauffen; also stehet den Christen die einträchtige Conversation wohl an. Unserm liebsten Heylande ist es nicht zwider auf einen Sabbath in ein Hauß eines Obersten der Phariseer zu gehen/ das Brodt zu essen/ und hierdurch Conversation in aller Einträchtigkeit mit ihnen zu haben/ ob ihm gleich nicht unbekandt/ was er für tückische Feinde an ihnen hatte.[2]
Nur kurz wird im weiteren Verlauf des ersten Abschnitts noch einmal die Orgel gestreift, wenn es heißt:
Es ist diese einträchtige Conversation auch ein feines nützliches Wesen. Denn gleich wie die Orgel=Pfeiffen/ ob sie schon ungleicher Grösse sind/ dennoch eine feine liebliche Harmoniam ihres Thons von sich geben: also erzeigen sich rechtschaffene Christen/ Hohe und Niedrige in allerley Ständen und Aemptern recht gegen einander.[3]
Leichner beschließt den Abschnitt dann wieder mit der Orgel, die auch gleich den Einstieg in den II. Teil liefert:
Jn Summa/ ein jeglicher was ihm Gott befohlen hat/ dessen nimt er sichs nach Ly BibelstelleJesus Sirach 3,22 Syrachs Vermahnung Cap.F3/ 22. stets an. Alle Christen werden zu wohlklingender Harmonie ihres Sinnes/ Hertzens/ und Wercke gegen einander 1. Petr. 3/ 8. treulich vermahnet: Ly Bibelstelle1 Petrus 3,8
Endlich aber seyd allesamt gleich gesinnet/ mitleidig/ brüderlich/ barmhertzig/ freundlichetc. Gehet es nun so unter den Christen her/ so praesentiren sie ein feines wohlklingendes geistliches Orgel=Werck.II.
Was aber hingegen ihnen übel anstehe/ das wird ihnen an den Orgeln auch abgebildet/ und in dem Evangelio an den Phariseern und Gästen vorgestellet. Den Orgeln stehet übel an/ wenn die Pfeifen nicht ihren richtigen/ und gebührenden Thon von sich geben/ sondern einen unreinen/ falschen/ und gar widerwärtigen: Also stehet es den Christen vielmehr übel an/ wenn ihre Hertzen/ ihre Worte/ und Wercke nach der Regul Göttliches Worts sich nicht recht befinden/ sondern demselben gantz zuwider sind/ wie wir in dem Evangelio die Phariseer auf solche Masse antreffen/ […].[4]
Die Schilderung der alltäglichen Sünden, gegen die seine Gemeindemitglieder anzukämpfen haben, verbindet Leichner nicht weiter mit der Orgel. Der Rückgriff auf die Allegorie hat vielmehr eine strukturierende Aufgabe und markiert die Anfangs- und Endpunkte einer inhaltlichen Einheit. Folgerichtig erscheint das Bild der Orgel wieder ganz am Ende des zweiten Abschnitts und dient erneut als Einstimmung in den darauf folgenden letzten Teil:
Ungehorsam/ wenn er auf die Stimme Gottes des Predig=Ampts/ der Obrigkeit/ Eltern/ und anderer Vorgesetzten erfolget/ stimmet mit dem wahren Christenthum überein/ als die Zauberey/ Ly Bibelstelle1 Samuel 15,23 1. Sam. 15/ 23 oder die Orgel=Pfeiffen mit den andern/ wenn sie einen gantz widerwärtigen Laut von sich geben. Jn Summa/ es mag nicht eine einige Sünde seyn/ welche einem Christen nicht übel anstehen solte.
III.
Aber was hoch vonnöthen/ davon der dritte Theil handelt/ daß wird uns eine Orgel/ wenn sie fertig worden ist/ zeigen.
Einer Orgel thut (1) hoch vonnöthen das Examen/ daß es von einen verständigen Organisten vorgenommen/ und was noch daran imperfecte, oder sonst tadelhafft/ gezeiget werde: Also ist einem Christen das Examen auch hoch vonnöthen/ daß es unser lieber Gott mit ihm fürnehme/ und ihm seine Sünden=Mängel zeige.[5]
Nach einer vierseitigen Erörterung schließt sich der zweite Unterpunkt an, bei dem wieder kurz auf die Orgelallegorie Bezug genommen wird:
(2) Die Emendation. Denn was an einer Orgel incomplet befunden wird/ muß complet werden/ was sonsten daran unecht ist/ muß abgeschaffet/ und in bessern Stand gebracht werden: Also muß dergleichen noch vielmehr von/ oder mit den Christen vorgenommen werden.[6]
Im Schlussteil der Predigt schildert Leichner die totale Verwüstung seines Pfarrortes Großrettbach im Lm Ereignis1618–1648: Dreißigjähriger Krieg Dreißigjährigen Krieg und den schrittweisen Wiederaufbau, der nach dem Lm Ereignis1648: Westfälischer Friede Friedensschluss einsetzte. Seine detailreiche Erzählung führt von der Rückkehr der Bevölkerung, der Wiederaufnahme von Garten- und Ackerbau über die Einrichtung einer Schule bis zur neuen Ausstattung des Kirchengebäudes. Den Schlussstein dieser Erneuerung bildete vierzig Jahre später der Orgelbau:
Uber alle das Gute aber/ das der Herr in diesem Gotteshause uns hat widerfahren lassen/ ist auch noch dieses darzu kommen/ daß er auch ein neues wohlformirtes Chor/ auch ein neues Orgel=Werck gestellet hat/ und solches so unvermuthet/ daß sich niemand dergleichen hat einbilden können/ ob wir schon mit gutem Wunsch darnach bishero schwanger giengen/ so wolte sich doch keine Krafft zu gebähren ereignen/ eben wie es bey der so erbärmlichen Zerstörung dieses Dorffs Hohen/ und Niedrigen unglaublich geschienen/ daß Groß Rettbach sich bessern/ und wieder ein Dorff werden solte/ sondern es würde wüst bleiben/ und wäre am besten zu einem Forwerck zu gebrauchen/ wie die Gelegenheit auch darzu schon abgesehen gewesen.[7]
Im Dank an die Stifter erscheint die Orgel als ein Teil neben anderen Ausstattungsstücken, die die Le Geographicumg Gebäude: Großrettbach, St. Gotthard Kirche erhalten hatte:
Dem Herrn sey Danck/ der auch gutthätige Hertzen erwecket hat/ die den Altar bekleidet/ und andere darzu gehörige Stücke williglich verehret/ durch ihre Steure das Tauff=Becken/ verschaffet/ den Tauff=Stein uemhänget/ zum Chor Holtz und Bretter hergegeben/ als es zum ersten mal erhöhet worden/ an paarem Geld der Kirchen etliche Gulden vermacht. Nicht zu vergessen sind auch diejenige/ welche willig gewesen sind/ von ihren Mitteln zu dem Orgel=Werck etlich 20. Reichsth[a]l[e]r zu contribuiren/ damit das Werck desto ehe erhoben werde/ welche Puncten das Kirchen=Buch mit mehrem erzehlet.[8]
Schließlich erfährt man noch den Namen des Orgelbauers:
Dem Herrn sey Danck für den Verstand/ Mühe und unverdrossene Arbeit H[err]n Adam Georg Bodini/ unter den Adelischen [sic] Witzlebischen Gerichten zu Rippersroda/ fleissigen Schuldieners/ welcher dieses Orgel=Werck verfertiget hat/ doch nur unter den horis subsecivis, und in den Erndt=Ferien, daß der ordentlichen Schul Arbeit kein Abbruch geschehen/ dessen Schul= und Kunst=Gaben der allgütige Gott ferner wolte zu seinen Ehren mildiglich segnen.[9]
Lb PersonBodinus, Adam Georg (1662–1705) Adam Georg Bodinus war demnach kein hauptberuflicher Orgelbauer, sondern widmete sich lediglich in seiner Ferienzeit dem Instrumentenbau. Dies ist ein nicht uninteressanter Aspekt für die Sozialgeschichte des mitteldeutschen Orgelbaus. Von den musikalischen Anlagen der Schulmeister- und Kantorenfamilie aus dem nahen Le Geographicumf Ort: Rippersroda Rippersroda zeugt die berufliche Laufbahn des Lb PersonBodinus, Johann Christoph (1690–1727) Sohns von Adam Georg Bodinus, der als Komponist und Kapellmeister tätig werden sollte und als Nachfolger Lb PersonTelemann, Georg Philipp (1681–1767) Georg Philipp Telemanns in Le Geographicumf Ort: Frankfurt am Main Frankfurt bekannt ist. Die Orgelpredigt wirft außerdem ein Licht auf die lange Orgelbautradition in dem kleinen thüringischen Ort Großrettbach. Nachdem das baufällig gewordene Kirchenschiff 1821 vollständig abgerissen und unter Verwendung der alten Bausubstanz neu erbaut wurde, schuf der aus der Region stammende Lb PersonSchulze, Johann Friedrich (1793–1858) Johann Friedrich Schulze 1825 hier eines seiner ersten größeren Instrumente, das sich bis heute erhalten hat.
Lucinde Braun
Einzelanmerkungen
- Organon Spirituale (Gotha 1690), A3r–A3v.
- Organon Spirituale (Gotha 1690), A3v–A4r.
- Organon Spirituale (Gotha 1690), A4v–B1r.
- Organon Spirituale (Gotha 1690), B1v.
- Organon Spirituale (Gotha 1690), B3v.
- Organon Spirituale (Gotha 1690), C1v.
- Organon Spirituale (Gotha 1690), D1v.
- Organon Spirituale (Gotha 1690), D1v–D2r.
- Organon Spirituale (Gotha 1690), D2r.
Exemplare
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Inhalt
Gotha, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, Forschungsbibliothek Gotha (D-GOI): Theol. 4° 00919-920 (32)
Einzelanmerkungen
Gotha, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, Forschungsbibliothek Gotha (D-GOI): Theol. 4° 00919-920 (32)
urn:nbn:de:urmel-448428cd-76d9-4fa1-9de7-02c0cde68b1c9
Überliefert ist von der Predigt nur ein einziges Exemplar in einem Sammelband, der zum Altbestand der Herzoglichen Bibliothek Gotha gehört.[1]
Die Orgelpredigt war Teil einer systematisch angelegten Predigtsammlung. Der zeitgenössische Pergamenteinband trägt auf dem Buchrücken den Titel conciones ad Statum Ecclesiasticum pertinentes: T. 4.
. Das Konvolut enthält 34 Predigten zu kirchlichen Anlässen, die thematisch gebündelt und innerhalb der Untereinheiten streng chronologisch angeordnet sind. Neben einer größeren Gruppe an Investitur- und Valetpredigten steht eine ähnlich große Gruppe an Einweihungspredigten mit acht Kirchweih-, drei Kanzel- und zwei Altarpredigten. Leichners Orgelpredigt schließt diese Gruppe ab. Der Eigentümer fasste Drucke aus einem ungewöhnlich breiten Zeitraum zusammen (1571–1705), die auch geographisch weit gestreut sind. Man hat es also mit einem retrospektiven, streng homiletisch ausgerichteten Predigtband zu tun, wie er für theologische Bibliotheken an der Wende zum 18. Jahrhundert charakteristisch ist.[2]
Lucinde Braun
Einzelanmerkungen
- Das erste Werk des Bandes weist auf der Rückseite des Titelblatts den Stempel
Bibliotheca dvcalis Gothana.
auf. Nach dem Lm Ereignis1939–1945: Zweiter Weltkrieg Zweiten Weltkrieg gelangte der Band in die Sowjetunion, wie der Besitzstempel der Fundamentalen Bibliothek für Gesellschaftswissenschaften der Akademie der Wissenschaften der UdSSR (vgl. http://inion.ru/library/istoriia-biblioteki/) zeigt:Фундаментальная библиотека Общественных наук Академии Наук СССР 2087 53.
Der Band wurde später an die Forschungsbibliothek Gotha restituiert. - Vgl. zu ähnlichen Beispielen Braun, Orgelpredigtdrucke in Regensburger Bibliotheken (2019), S. 239.
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