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Orgelpredigt

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a Keltz, Heinrich: Die Billige Orgel-Freude (Danzig 1739)

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y Bibelstellen (58)

  • 1 Korinther 13,1
  • 1 Korinther 13,10
  • 1 Korinther 14,40
  • 1 Korinther 2,9
  • 1 Petrus 1,7
  • 1 Samuel 15,23
  • 1 Thessalonicher 4,16
  • 2 Chronik 5,12
  • 2 Timotheus 3,5
  • Amos 5,23
  • Epheser 5,19
  • Exodus 19,16.19
  • Exodus 20,18
  • Hebräer 11,6
  • Hebräer 12,14
  • Ijob 19,27
  • Jesaja 6,3
  • Jesus Sirach 39,20
  • Johannes 16,33
  • Johannes 20,29
  • Johannes 8,56
  • Kohelet 11,7
  • Lukas 1,74–75
  • Lukas 10,23–24
  • Lukas 10,23–37
  • Lukas 10,24
  • Lukas 10,25
  • Lukas 10,25–26
  • Lukas 10,30–36
  • Matthäus 10,22
  • Matthäus 25,34.40
  • Matthäus 5,43
  • Matthäus 6,9
  • Numeri 10,2
  • Offenbarung 1,16
  • Offenbarung 14,2
  • Offenbarung 14,2.8–9
  • Offenbarung 14,8–9
  • Offenbarung 21,11
  • Offenbarung 21,21
  • Offenbarung 21,4
  • Offenbarung 5,8–9
  • Philipper 1,–.23
  • Psalmen 103,21
  • Psalmen 137,1–2
  • Psalmen 150,3–5
  • Psalmen 27,4
  • Psalmen 33,2–3
  • Psalmen 47,6
  • Psalmen 51,10
  • Psalmen 84,2–3
  • Psalmen 85,9
  • Psalmen 92,2.4–5
  • Richter 5,3
  • Römer 13,9–10
  • Titus 2,14
  • Tobit 5
  • Tobit 5,13

[[S. 1]]

Titel

Die billige Orgel=Freude
einer Evangelischen Gemeine bey einem
neuen Orgel=Werck,
Wurde
bey Einweyhung
einer neuen Ld OrgelDanzig, Salvatorkirche, Andreas Hildebrandt-Orgel 1738 Orgel
in der Le Geographicumg Gebäude: Danzig, Salvatorkirche Kirchen zu St. Salvator in Le Geographicumf Ort: Danzig Dantzig,
am XIII. Sonntage nach Trinitatis, den 31 Augusti
MDCCXXXIIX.
nach Anleitung des gewöhnlichen Sonntags=Evangelii
aus Ly BibelstelleLukas 10,23–37 Luc. X. 23–37.
in Volckreicher Versammlung
behauptet,
und auf einiger Freunde Verlangen
dem Drucke überlassen
von
Lc PredigtautorKeltz, Heinrich (1689–1761) Heinrich Keltz,
Diener des Göttlichen Wortes an obgemeldter Kirchen.

Dantzig, mit Lb PersonSchreiber, Thomas Johann (vor 1724 – 1778) Schreiberischen Verlag und Schriften. 1739.

[[S. 2]]

Denen
Wohl=Edlen, Vesten, Wohl=weisen und
Wohl=gelahrten
Herren,
Herrn Daniel Schumann,
Assessori E. E. Gerichts der Rechten=Stadt,
Herrn Siegmund Albrecht
Rosenberg
,
Qvartir=Meistern des Hohen=Quartirs, auch Vorstehern
an der Le Geographicumg Gebäude: Danzig, Marienkirche Ober=Pfarr=Kirchen zu St. Marien,
Herrn Emanuel Ernst Schmidt,
Herrn Lb PersonSchumann, Johann Friedrich (1700–1776) Johann Friedrich
Schumann
,
[[S. 3]] Herrn Lb PersonSchimmelpfennig, Johann Ernst (fl. 1723) Johann Ernst Schimmel=
fenning
,
Herrn Lb PersonZernecke, Heinrich (1709–1775) Heinrich Zernecke,
Herrn Lb PersonSchumann, Gabriel Gottfried (1704–1755) Gabriel Gottfried
Schumann
,
Herrn Lb PersonReyger, Gottfried (1704–1788) Gottfried Reyger,
Herrn Lb PersonSchumann, Carl Ludwig (1709–1770) Carl Ludwig Schumann,
Sämtlichen vornehmen Patritiis, auch respective Kauf=
und Handels=Herren,
Seinen allerseits die Zeit seines zwölfjährigen Predigt=
Amts an der Kirchen zu St. Salvator,
theils ehedessen gewesenen, theils noch seyenden
wohlgeneigten Vorstehern,
[[S. 4]] übergiebet
diese Orgel=Predigt,
zum Zeugniß
seiner danckbegierigen Erkentlichkeit
für alle ihm erwiesene Gunst=Bezeugungen,
nebst Versicherung
seiner unabläßigen Fürbitte
für Deroselben eigene Personen
so wohl,
als
Sämtlichen vornehmen Familien,
der
Auctor.

[S. 5]

I[n] N[omine] I[esu].

Vorrede.

Lw Musikwerkanonym: In dulci jubilo Ubi sunt Gaudia?
Nirgend mehr denn da,
Da die Engel singen,
Nova Cantica,
Und die Schellen klingen,
In Regis Curia:
Eja, wären wir da:
Eja, wären wir da!
[1]

Also, Andächtige und Geliebte in dem Herrn Jesu, bezeuget eine himmlisch=gesinnete Seele, aus dem Munde eines ehemahligen Zeugens der Wahrheit, noch vor der seeligen Reformation im finstern Pabstthum, des alten Lb PersonDresdensis, Petrus (1350–1421) Petri Dresdensis, (a) ihr sehnliches Verlangen nach der


(a) Daß dieser Lb PersonDresdensis, Petrus (1350–1421) Petrus Dresdensis schon im Anfange des 15 Seculi zu den Zeiten Lb PersonHus, Jan (1369–1415) Johann Hussen gelebet, und nebst ihm einen Zeugen der Wahrheit wieder das Pabstthum abgegeben habe, berichtet uns Lb PersonFlacius, Matthias (1520–1575) Matth. Flacius in Lr QuellenFlacius, Catalogus testium veritatis (1672) M Catalogo Testium Veritatis p. m. 732.[2] Und daß er der Auctor von dem bekannten Weyhnacht=Liede Lw Musikwerkanonym: In dulci jubilo M In dulci jubilo etc. sey, bezeugen alle die gelehrten Männer, die in dem Historischen Lieder=Studio sich hervorgethan haben. Ausser daß der Le Geographicumf Ort: Zwickau Zwickauische Rector Lb PersonDaum, Christian (1612–1687) Christian Daumius soll ein M[anu]sc[riptum] gehabt haben, so noch vor Petri Dresdensis Zeiten möchte geschrieben seyn, und darinnen schon das Lied: In dulci jubilo, gestanden; welches doch aber Lb PersonWetzel, Johann Caspar (1691–1755) Joh. Casp. Wetzel in seiner Wetzel, Hymnopoeographia 1 (1719) Lr QuellenWetzel, Hymnopoeographia 1 (1719) M Hymnopoeographia P. I. p. 183 nur für eine Muthmaßung hält.[3]

[S. 6]

himmlischen Freude, und der im Himmel, in dem Chor aller heiligen Engel und Außerwehlten nach himmlischer Art unaufhörlich erschallenden Sing= und Kling=Music. Die gläubige Seele hat, so lange sie noch in der Welt ist, immer ihre Bedruckungen. Joh. XVI. 33. Ly BibelstelleJohannes 16,33 In der Welt habt ihr Angst: Hat ihr eintziger Freund Jesus ihr zur Nachricht vorhergesagt. Kein Wunder, wenn sie einmahl aus der Angst erlöset/ Ly BibelstellePhilipper 1,–.23 Phil. I. 23.und bey ihrem Jesu zu seyn wünschet. Denn da alleine, weiß sie, wird keine Angst, keine Bedruckung, wie auch kein Geschrey/ Ly BibelstelleOffenbarung 21,4 Apoc. XXI. 4.kein Schmertze mehr seyn.[4] Was denn? Freude die Fülle/ und liebliches Wesen zu seiner Rechten ewiglich. Ps. XVI. 11.Aber sie fragt doch unterdessen noch: Lw Musikwerkanonym: In dulci jubilo Ubi sunt Gaudia?[5] Wo ist solche Freude? Um von derselbigen, weil sie dieselbe noch nie, Ly Bibelstelle1 Korinther 2,9 I Cor. II. 9.weder mit Augen gesehen/ noch mit Ohren gehöret hat/ mehr und mehr unterrichtet zu seyn.

Der fromme Gott gönnet ihr ja wohl, auch noch in der Welt, zuweilen einen Vorschmack davon, sonsten sie in dem Angst=Kercker nicht ausdauren könte. Psal. LI. 10.Ly BibelstellePsalmen 51,10 Laß mich hören Freude und Wonne/ daß die Gebeine frölich werden/ die du zuschlagen hast. Ly Bibelstelle1 Korinther 13,10 I Cor. XIII. 10.Aber es ist nur Stückwerck gegen das Vollkommene.[6] Wo ist denn nun aber das Vollkommene? Wo ist die rechte beständige Freude? Lw Musikwerkanonym: In dulci jubilo Nirgend mehr denn da/da die Engel singen/ Nova Cantica, (das ist, neue Lieder) und die Schellen klingen/ In Regis Curia, (das ist, in ihres Königes Schloß.)[7]

Um die Zeit, als diese Cantio hybrida, (b) oder dis Lied, mit Teutsch und Lateinisch vermenget, gemacht wurde; (welches der Auctor sonder Zweiffel darumb gethan, unvermerckt gegen des Pabstes Wiederspruch den


(b) Lr QuellenFaber, Thesaurus Eruditionis Scholasticae (1696) M Hybrida. Antiqua vox, qua genus aliquod mixtum significatur.[8] vid. Lb PersonFaber, Basilius (1520–1575) Fabri Lr QuellenFaber, Thesaurus Eruditionis Scholasticae (1696) M Thesaurus.

[S. 7]

Weg zu bahnen, damit allmählich teutsche Lieder in die Kirche möchten eingeführet werden, da sonst bißher in der Kirchen nur Lateinisch ohne alle Erbauung des gemeinen Volcks gesungen worden.) (c) Um diese Zeit nun, sage ich, war besonders an Lb PersonWenzel von Luxemburg (1361–1419) Wenceslai, Kaysers und Königes in Le Geographicumh Territorium: Böhmen Böhmen, aber auch anderer Fürsten und grossen Herren Höffen der Gebrauch,[9] daß die Hof=Bedienten besondere Gürtel oder Gewehr=Gehenge trugen, an welchen viel kleine Glöcklein, oder güldene und silberne Schellen hiengen, welche, wo die Leute giengen, und sich bewegten, einen schönen Klang von sich gaben, welcher sehr wohl zu hören gewesen. (d) Von diesem angenehmen Klange nun wird Gelegenheit genommen, die himmlische Freude etwas genauer zu beschreiben. Es wird gesaget, in des Königes Schloß/ verstehe des himmlischen Königes, Ly BibelstellePsalmen 103,21 Ps. CIII. 21.wo es heilige Engel zu Dienern giebet,[10] und also im Himmel, da wird nicht alleine von diesen heiligen Geistern, mit neuen Liedern gesungen/ sondern auch ein liebliches Klang=Gethöne gehöret. Oder, es wird zur Vermehrung der himmlischen Freude, die sonst von dem Anschauen des ewigen und allein seeligen Himmels=Königes schon groß genug wäre, doch noch auf das lieblichste, so wohl vocaliter und mit Singe=Stimmen, als auch instrumentaliter, und mit andern klingenden Thönen musiciret werden.

Es nimmet die gläubige Seele diese Beschreibung von der Himmels=Freude desto sicherer an, weil sie den guten Grund davon in der heiligen Schrift selbst findet. Denn wenn Lb PersonJohannes (Offenbarung) Johannes in seiner hohen Offenbahrung, im Ly BibelstelleOffenbarung 5,8–9 5 Cap., Ly BibelstelleOffenbarung 5,8–9 Apoc. V. 8. 9.die 24 Eltesten sahe vor dem Lamm stehen/ einen jegli=


(c) Das ist die Meinung Lb PersonKromayer, Hieronymus (1610–1670) Kromayeri in Lr QuellenKromayer, Ecclesia In Politia (1666) M Hist. Eccles. p. 527.[11]

(d) So wirds in Lb PersonTentzel, Wilhelm Ernst (1659–1707) Tentzels Lr QuellenTentzel, Curieuse Bibliothec (1704) M Monathl. Unterred. Ao. 1704, p. 346. imgleichen in Lr QuellenTentzel, Svpplementvm Historiae Gothanae (1702) M Suppl. Hist. Gothanae p. 246 erzehlet.[12]

[S. 8]

chen mit Harffen/ und sie dazu singen hörete ein neu Lied: Ly BibelstelleOffenbarung 14,2 Apoc. XIV. 2.[13]Wenn er abermahl im Ly BibelstelleOffenbarung 14,2.8–9 14 Cap. vom Himmel eine Stimme hörete/ als der Harffenspieler/ die auf ihren Harffen spielen: Ly BibelstelleExodus 19,16.19 Exod. XIX. 16. 19. Ly BibelstelleExodus 20,18 c. XX. 18. Ly BibelstellePsalmen 47,6 Ps. XLVII. 6. Ly Bibelstelle1 Thessalonicher 4,16 I Thess. IV. 16. etc.Wenn so vielmahl in der Schrift von den Posaunen der Engel im Himmel/ und von der Posaunen Gottes geredet wird,[14] wer wil leugnen, daß in dem Himmel bey der Himmels=Freude musicalische Harmonien und Toni werden gehöret werden? Zumahlen, da nicht allein derer Seeligen ihr Gemüht und Geist, sondern auch ihre Leiber, Augen und Ohren, die allersüsseste Ergötzung haben sollen. Ob wir zwar die Art dieser himmlischen Music nicht eigentlich verstehen und beschreiben können, noch fragen, was es eigentlich für musicalische Instrumenta seyn werden, welche unter dem Nahmen der Harffen und Posaunen uns vorgestellet werden. Indessen, wie auf Erden eine wohlklingende Music trefflich belustiget, und grosse Freude erwecket, also weiß eine gläubige Seele gewiß, daß, wenn sie nun aus dieser Jammer=Welt wird erlöset seyn, Ly BibelstellePsalmen 137,1–2 Psalm. CXXXVII. 1, 2.da sie offt mit dem Lm Ereignis597 – 538 v. Chr.: Babylonisches Exil gefangenen Israel zu Le Geographicumf Ort: Babylon Babel die Harffen weghengen, und ein blosses Klag= und Thränen=Lied anstimmen muß,[15] ihre Freude im Himmel desto grösser seyn werde, wenn sie die heiligen Engel mit neuen Liedern ihr dreymahl Ly BibelstelleJesaja 6,3 Heilig, Heilig, Heilig wird singen hören, und sie selbst mit allen andern Außerwehlten zugleich aus allen Kräfften ihren Gott loben, und vor seinem Stuhl musiciren werden. Und darumb verlanget sie auch so sehnlich darnach, und ruffet immer: Lw Musikwerkanonym: In dulci jubilo Eja, wären wir da! Eja, wären wir da![16]

Nun einen süssen Vorschmack von dieser seeligen Himmels=Freude seinen Gläubigen noch in dieser Jammer=Welt zu gönnen, hat der freudige und gute Gott, der ihnen gerne hier so viel Gutes und Freude gönnet, als ihnen nöthig und dienlich ist, schon von lange her selber bey seinem [S. 9] öffentlichen Gottes=Dienste so wohl das Singen mit der Stimme, als Musiciren mit Instrumenten angeordnet. Ich biete allem Wiederspruch von den Feinden der Kirchen Music und derer Instrumente, die dazu gebrauchet werden, Trotz, wenn ich sage, daß Gott selbst zwo silberne Drometen zu machen befohlen/ Ly BibelstelleNumeri 10,2 Num. X. 2.sein Volck Israel damit zur Freude aufzumuntern, und zum Gottes=Dienste zu beruffen.[17] Und daß der Geist Gottes zu allen Glaubigen, die ihm dienen wollen, sagen lässet: Ly BibelstellePsalmen 33,2–3 Dancket dem Herrn mit Harffen/ Psal. XXXIII. 2. 3.und lobsinget Ihm auf dem Psalter von zehn Säiten. Singet ihm ein neues Lied/ machets gut auf Säiten=Spielen mit Schalle. Und noch einmahl: Psal. CL. 3. 4. 5.Ly BibelstellePsalmen 150,3–5 Lobet ihn mit Posaunen: Lobet ihn mit Psalter und Harffen. Lobet ihn mit Paucken und Reigen: Lobet ihn mit Saiten und Pfeiffen. Lobet ihn mit hellen Cymbeln; Lobet ihn mit wohlklingenden Cymbeln.

Dir aber, o! du meine auserwehlte St. Salvators-Gemeine, sage ich, daß du an dem heutigen Tage billige Ursache habest dich recht hoch zu erfreuen, da es durch deines Gottes Gnaden=Regierung dahin gediehen ist, daß unser Gottes=Hauß ein neues und so schönes Ld OrgelDanzig, Salvatorkirche, Andreas Hildebrandt-Orgel 1738 Orgel=Werck erlanget, wornach es so lange verlanget hat. Denn wenn von nun an auf demselben bey unserm Singen und Loben des göttlichen Nahmens auch wird mit allerhand wohlklingenden Stimmen, Pfeiffen und Cymbeln gespielet und musiciret werden, und du solches sehen und hören wirst, wird es nicht allein deine Augen und Ohren ergötzen, sondern auch deine Hertzen rühren, dir einen süssen Vorschmack von der himmlischen Music im ewigen Leben geben, und dein Verlangen darnach desto mehr befördern können. Als du solches bald mit mehrern bey meinem weiteren Vortrage erkennen solst, nur daß du mir dazu vorher den Beystand des heiligen Geistes helffest ausbitten in einem stillen und gläubigen Ly BibelstelleMatthäus 6,9 Vater Unser.

[S. 10]

Text.

Das Evangelium am 13 Sonntage nach Trinitatis, aus Luc. X. 23–37.

Ly BibelstelleLukas 10,23–37 Und er wandte sich zu seinen Jüngern, und sprach insonderheit: Seelig sind die Augen, die da sehen, das ihr sehet. Denn ich sage euch: Viel Propheten und Könige wolten sehen, das ihr sehet, und habens nicht gesehen; und hören, das ihr höret, und habens nicht gehöret. Und siehe, da stund ein Schrifftgelehrter auf, und versuchte ihn, und sprach: Meister, was muß ich thun, daß ich das ewige Leben ererbe? Er aber sprach zu ihm: Wie stehet im Gesetze geschrieben? Wie liesest du? Er antwortete, und sprach: Du solt Gott deinen Herrn lieben von gantzem Hertzen, von gantzer Seele, von allen Kräfften, und von gantzem Gemüthe; und deinen Nechsten als dich selbst. Er aber sprach zu ihm: Du hast recht geantwortet: thue das, so wirst du leben. Er aber wolte sich selbst rechtfertigen, und sprach zu Jesu: Wer ist denn mein Nechster? Da antwortete Jesus, und sprach: Es war ein Mensch, der gieng von Le Geographicumf Ort: Jerusalem Jerusalem hinab gen Le Geographicumf Ort: Jericho Jericho, und fiel unter die Mörder; die zogen ihn aus, und schlugen ihn, und giengen davon, und liessen ihn halb tod liegen. Es begab sich aber ohngefehr, [S. 11] daß ein Priester dieselbige Straffe hinab zog; und da er ihn sahe, gieng er vorüber. Desselbigen gleichen auch ein Levit, da er kam bey die Stät, und sahe ihn, gieng er vorüber. Ein Samariter aber reisete, und kam dahin: und da er ihn sahe, jammerte ihn sein, gieng zu ihm, verband ihm seine Wunden, und goß drein Oel und Wein; und hub ihn auf sein Thier, und führte ihn in die Herberge, und pflegte sein. Des andern Tages reifete er, und zog heraus zween Groschen, und gab sie dem Wirthe, und sprach zu ihm: Pflege sein; und so du was mehr wirst darthun, will ich dirs bezahlen, wenn ich wieder komme. Welcher düncket dich, der unter diesen Dreyen der Nechste sey gewesen, dem, der unter die Mörder gefallen war? Er sprach: Der die Barmhertzigkeit an ihm thät. Da sprach Jesus zu ihm: So gehe hin, und thue desgleichen.

Eingang.

Andächtige und Geliebte in dem Herrn Jesu! Wenn wir uns den bey denen Gelehrten so sehr bekannten, aber in der That Lb PersonArnold, Gottfried (1666–1714) bösen Mann, welcher in seiner Lr QuellenArnold, Kirchen- und Ketzer-Historie (1699) M Kirchen= und Ketzer=Historie sich als ein anderer Lb PersonHam Cham besonders darinnen hervor gethan hat, seine geistliche Mutter, unsere rechtgläubige Evangelisch=Lutherische Kirche beydes in Lehre und Ceremonien auf das ärgste zu schänden und zu lästern, (wers nicht glauben will, lese nur im Register [S. 12] die unter dem Titul, Lutheraner, befindlichen Articul:)[18] Wenn wir uns nun, sage ich, diesen Mann wolten bethören und verführen lassen, so müsten wir unsere heutige Orgel=Freude nicht nur durchaus einstellen, sondern auch mit unserm neuen schönen Orgel=Werck aus unserer Kirchen wieder heraus wandern. Denn Lr QuellenArnold, Kirchen- und Ketzer-Historie (1699) M der Antichrist, sagt er in bemeldetem Lr QuellenArnold, Kirchen- und Ketzer-Historie (1699) M Buche, (e) habe die Orgel=Pfeiffen, und andere Instrumenta in die Kirche gebracht/ und das aus der Ursache, wie er in der Lr QuellenArnold, Die Erste Liebe Der Gemeinen Jesu Christi (1696) M Abbildung schreibet, damit durch Lr QuellenArnold, Die Erste Liebe Der Gemeinen Jesu Christi (1696) M solch groß Gethöne das gemeine Volck immer stummer/ und ihm alle Hertzens=Andacht folgends gleichsam hinweg geblasen würde.[19] (f)

Die angegebene Ursache derer in die Kirche eingeführten Orgel=Wercke ist ertichtet und ungegründet, und daß etwan die erste Orgel in Le Geographicumh Territorium: Deutschland Teutschland oder Le Geographicumh Territorium: Frankreich Franckreich in die Kirche gebracht, da der Antichrist sich schon gewaltig regete,[20] (g) will noch nicht beweisen, daß die Orgeln


(e) Arnold, Lr QuellenArnold, Kirchen- und Ketzer-Historie (1699) M Kirchen= und Ketzer=Historie P. 2. L. 16. c. 11. p. 129. a.[21]

(f) Arnold, Lr QuellenArnold, Die Erste Liebe Der Gemeinen Jesu Christi (1696) M Abbildung der ersten Christen L. 2. c. 2. §. 9. p. 164. a.

(g) In Teutschland hat Lb PersonLudwig der Fromme (778–840) Kayser Ludwich ums Jahr 826 zu Le Geographicumf Ort: Aachen Aachen die Ld OrgelAachen, Dom, Georgius-Orgel 826 erste Orgel durch Lb PersonGeorgius (ca. 826) Georgium, einen Griechischen Priester bauen lassen. Lb PersonCalvisius, Sethus (1556–1615) Seth. Calvis. in Lr QuellenCalvisius, Chronologia (1605) M Op. Chronol. p. m. 546. a.[22] Und nach Franckreich ist die erste Orgel A[nno] 766. von dem Griechischen Kayser Lb PersonKonstantin V. von Byzanz (718–775) Constantino Copronymo dem Könige Lb PersonPippin (714–768) Pipino zum Praesent geschencket worden. Idem p. 525. b. ex Lb PersonAventinus, Johannes (1477–1534) Aventini Lr QuellenAventinus, Annales Boiorum (1580) M Annal. Boj. L. 3. fol. 300.[23] Sonst ist es wahr, daß einige Scribenten die erste Einführung der Orgel beym Gottes=Dienste dem Pabst Lb PersonVitalianus (vor 657 – 672) Vitaliano I. zu schreiben. Lb PersonPlatina, Bartolomeo (1421–1481) Platina Lr QuellenPlatina, De vita pontificum (1529) M de Vitis Pontificum p. 96.[24] Es zweiffeln aber dennoch viele Gelehrte an der Wahrheit, und setzen den Gebrauch der Orgeln beym Gottes=Dienst noch weit höher in die Zeiten hinauf. Man sehe des um die gantze reine Evangelische Kirche Hochverdienten seel[igen] Herrn Lc PredigtautorSchelwig, Samuel (1643–1715) D. Schelwigs, unsers ehemahligen theursten Praeceptoris, La OrgelpredigtChristliche Orgel-Predigt (Danzig s.a.) M Christl. Orgel=Predigt A[nno] 1704 in der Le Geographicumg Gebäude: Danzig, Trinitatis-Kirche Kirchen zur H. Dreyfaltigkeit gehalten p. 16.[25] und was Lb PersonMayer, Johann Friedrich (1650–1712) Mayerus in Lr QuellenMayer, Museum Ministri Ecclesiae (1690) M Museo P. 2. p. 26. aus Lb PersonPraetorius, Michael (1571–1621) Mich. Praetorii Lr QuellenPraetorius, Syntagma musicum 2 (1619) M Syntagm. Musico anführet.[26]

[S. 13]

selbst Antichristisch, und sein Angeben wären. Oder auch unsere Orgel müste dazu gerechnet werden, da wir doch Gott Lob! von allem Antichristischen Angeben dabey weit entfernet sind. Vielmehr, da auch die reinesten uhralten Kirchen=Lehrer, Lb PersonJustin der Märtyrer (ca. 100 – 165) Iustinus Martyr, Lb PersonHilarius von Poitiers (ca. 315 – 367) Hilarius, Lb PersonBasilius (ca. 330 – 379) Basilius, der Instrumental-Music beym Gottes=Dienst gedencken, (h) mögen auch wohl die Orgeln, ohne etwas gemeinschaftliches mit dem Antichrist zu haben, dabey gebrauchet werden. Gnug, daß wir sie nicht dazu brauchen, das gemeine Volck stummer zu machen, und ihre Hertzens=Andacht gleichsam hinweg zu blasen, sondern die Gemeine zum frölichen Mitsingen zu ermuntern, die Andacht mehr und mehr anzufeuren, und daß in manchen Gesängen, bey nicht allen gnug bekannten Melodeyen, alle Unordnung verhütet werde. Allermaassen es der heilige Geist also haben will, daß in der Kirchen alles/ Ly Bibelstelle1 Korinther 14,40 I Cor. XIV. 40.auch bey dem Singen, ordentlich zugehen soll.[27]

Ich will aber noch mehr sagen. Der allerheiligste Gott selber hat Orgeln in seine Kirche gebracht. Ich meine, alle Christliche Gemeinen sind gleichsam göttliche Orgeln. Er hat eines jeden gläubigen Christen seine Arteriam oder Lufftröhre gleichsam zu einer Orgel=Pfeiffen gemacht. Er hat statt der Ventilen nicht weit vom Hertzen die Lunge gesetzet, dadurch, vermittelst der Respirirung, die Stimme gemachet wird. Wenn denn nun zugleich von dem


(h) Iustinus hat A[nno] 150 gelebet. Hilarius A[nno] 355. Basilius A[nno] 380. Ihre Zeugnisse hat Lc PredigtautorDieterich, Conrad (1575–1639) Dietericus in den Lr QuellenDieterich, Sonderbarer Predigten Erster Theil (1632) M sonderb. Predigten P. I. p. 261. zusammen getragen.[28]

[S. 14]

heiligen Geiste das Hertz, als gleichsam das Clavier gerühret und angeschlagen wird, und Zunge und Mund in dem Lobe Gottes übergehen, das ist gleichsam ein göttlich Orgel=Spiel. Es ist dem allerheiligsten Gott in seiner Gemeine die allerangenehmste und lieblichste Music.[29] Doch es bleibet dis eigentlich nur eine Singe=Music, und dem heiligen Geist ist dennoch nicht mißfällig auch die Spiel-Music.[30] Darumb, was er einmahl im A[lten] Testament vom Spielen bey dem Gottes=Dienst auf allerley Instrumenten anordnen, und ihm gefallen lassen, das hat er im N[euen] Testament wiederhohlen, und deswegen durch Paulum schreiben lassen: Eph. V. 19.Ly BibelstelleEpheser 5,19 Singet und spielet dem Herrn in euren Hertzen. (i) Das ist, wie es schon der liebe Lb PersonSirach, Jesus (180 – 175 v. Chr.) Syrach ausgedrucket hat: Syr. XXXIX. 20. Ly BibelstelleJesus Sirach 39,20 Lobet den Herrn mit Singen und Klingen. Denn das Spielen im Hertzen muß nicht allein von der innerlichen Hertzens=Music angenommen werden, sonst müste nach den Worten Lb PersonPaulus von Tarsus (10 v. Chr. – 60 n.Chr.) Pauli auch das Singen allein im Hertzen geschehen. Vielmehr setzet er hier zum Singen und Spielen das Wort: im Hertzen/ hinzu, zu lehren, daß unsere Singe= und Klinge=Music allein, Gott nicht gefalle, wofern das Hertze nicht dabey ist.

Weil denn nun ein schönes Orgel=Werck in einem Evangelischen Gottes=Hause mit dem Antichristischen Wesen nichts gemein hat, sondern vielmehr nach Göttlichem Willen und Wohlgefallen zu mehrerer Verherrlichung seiner schönen Gottes=Dienste gebrauchet wird, so wollen wir auch an denen Orgel=Feinden uns weiter nicht kehren. Wir wollen vielmehr unsere schöne neue Orgel mit Freuden annehmen: und, wie wir mit derselben Zustimmung all=


(i) In gleicher Meynung führet diesen Spruch unser seel[iger] Hochverdienter Herr Senior, Lb PersonWeickhmann, Joachim (1662–1736) D. Joach. Weickhmann an in der Lr QuellenWeickhmann, Erklärung Des Geistreichen Liedes: Wie schön leuchtet der Morgenstern (1704) M Erklärung des Liedes: Wie schön leuchtet etc. p. 897. sq.[31]

[S. 15]

bereit den Herrn unsern Gott zu loben angefangen haben, also dieselbe ferner zu seinem alleinigen Dienste und Ehren widmen und heiligen, aber auch vorher unsere Andacht noch ferner zu unterhalten suchen, mit Vorstellung:

Der billigen Orgel=Freude einer Evangelischen Gemeine bey einem neuen Orgel=Werck.

Die Freude gründet sich darauf, weil
I. Augen und Ohren sich dadurch aufs neue ergötzet,
II. Die Hertzen sich dadurch aufs neue gerühret finden.

Lw Musikwerkanonym: In dulci jubilo Ubi sunt gaudia?[32] etc.

Eyle mir beyzustehen, Herr, meine Hülffe! Amen.

Abhandlung.

And[ächtige] und Gel[iebte] in dem Herrn Jesu! Die billige Orgel=Freude einer Evangelischen Gemeine bey einem neuen Orgel=Werck abzuhandeln, giebet uns gute Gelegenheit das heutige Sonntags=Evangelium, [S. 16] wenn es in demselben gleich von Anfange heisst: Ly BibelstelleLukas 10,23–24 Der Herr Jesus wandte sich zu seinen Jüngern/ und sprach insonderheit: Seelig sind die Augen/ die da sehen das ihr sehet; und, wie es die nachfolgende Worte: Ly BibelstelleLukas 10,25 Denn ich sage euch: Viel Propheten und Könige wolten sehen/ das ihr sehet/ und habens nicht gesehen/ und hören, das ihr höret, und habens nicht gehöret, andeuten, so sagte Er auch zugleich, oder meinete und dachte es doch dabey: Und seelig sind die Ohren/die da hören/ das ihr höret. Wir mercken ohnschweer aus diesen Worten, daß eine Evangelische Gemeine bey einem neuen Orgel=Werck sich billig freue und freuen könne/

I.I. Darumb, weil dadurch ihre Augen und Ohren sich aufs neue ergötzet finden. Hier redet der Herr Jesus mit seinen Jungern, und preisete insonderheit auch ihre leibliche Augen und Ohren seelig. Und worüber denn? Ueber leibliche und zeitliche Dinge. Wegen des leiblichen Anschauens und Anhörens seiner Person, seiner Worte und Wercke. Hätte der Heyland das geistliche Anschauen allein gemeinet, so hätten die Glaubens=volle Könige und Propheten des Alten Testamentes eben so viel gesehen, als die Jünger Christi. Lb PersonAbraham Abraham Ly BibelstelleJohannes 8,56 euer Vater ward froh/ Joh. VIII. 56.daß er meinen Tag sehen solte/ und er sahe ihn/ und freuete sich. Aber hier heisset es von ihnen: Ly BibelstelleLukas 10,24 Sie habens nicht gesehen/ und habens nicht gehöret. So viel ist aus einer anderweitigen Rede unseres Jesu zu Lb PersonThomas (Apostel) Thoma: Joh. XX. 29. Ly BibelstelleJohannes 20,29 Seelig sind die nicht sehen/ und doch gläuben; wohl gewiß, daß das blosse leibliche Sehen und Horen [sic] des Herrn Jesu allein, keinem eine Seeligkeit und Freude zugebracht habe, sonst würde Lb PersonJudas Iskarioth (1. Jh.) Judas nicht verlohren gangen seyn, noch andere an seiner Person sich geärgert haben. Aber das ist auch wiederum mehr als zu gewiß, daß es für die [S. 17] Jünger des Herrn, da sie eines Theils Jesum für den Heyland der Welt erkannten, und im Hertzen an ihn glaubten, andern Theils an Ihn den im Fleisch geoffenbahrten Gott mit leiblichen Augen sehen, und mit leiblichen Ohren hören konten, ein besonder grosses Stück ihrer Seeligkeit gewesen, und ihre Freude mercklich vermehren können. Denn wie das im Himmel einmahl ein Stück unserer Seeligkeit seyn, und die Himmels=Freude vermehren wird, wenn auch unsere leibliche Augen, wie des Lb PersonHiob Hiobs seine/ Ly BibelstelleIjob 19,27 Hiob. XIX. 27.unsern Erlöser sehen werden; also war das auch damahls ein kleiner Himmel auf Erden, und ein grosses Theil der Menschlichen Seeligkeit und Freude in diesem Leben: Gott sehen geoffenbahret im Fleisch.

Und es fliesset ungezwungen hieraus, daß alle Gnade und Wohlthat Gottes, welche er seinen Gläubigen auch in zeitlichen Dingen gönnet, und auch an ihren leiblichen Gliedmassen mittheilet, sie in gewisser Maasse seelig mache. Gewiß also auch, wenn er ihre Augen und Ohren mit etwas angenehmes zu sehen und zu hören ergötzet. Cohel. XI. 7.Das leibliche Ly BibelstelleKohelet 11,7 Licht ist ja auch süsse/ und den Augen lieblich die Sonne zu sehen. Und wem es Gott gönnet, der ist in seiner Maasse seelig. Ly BibelstelleTobit 5,13 Tob. V. 13.Er hat Freude, wenn ein blinder Lb PersonTobit Tobias von keiner Freude weiß.[33] Seelig sind auch die Ohren eines Volcks in ihrer Maasse, und freuen sich billig, Ly BibelstellePsalmen 85,9 Psalm. LXXXV. 9.wenn Gott nach dem Kriege sie wieder hören lässet von Frieden reden. Und nun, warum solte eine Evangelische Gemeine nicht billig frölich seyn, wenn bey ihrem Gottes=Dienste ein schön und neues Orgel=Werck zu sehen und zu hören ist, und dadurch beydes Augen und Ohren sich ergötzet finden?

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Ich gestehe zwar, die vornehmste Freude einer Evangelischen Gemeine, und woran ihre Augen und Ohren sich am allermeisten ergötzen sollen, soll dieses seyn, wenn sie die heiligen Sacramenta, Tauff und Abendmahl nach Christi Einsetzung rein und unzerstümmelt kann sehen administriren, und das heilige göttliche Wort lauter und unverfälschet hören predigen. Wenn sie frey von andern Irrgläubigen sich absondern, und in einem öffentlichen Gottes=Hause sich versammlen kan, daß der Herr Jesus sich da insonderheit zu ihr wende, und durch seine Diener mit ihr rede. Ach! seelig sind die Augen/ die das sehen/ und die Ohren/ die das hören! Denn ich sage euch: Viel arme Seelen unter der Tyranney des Antichrists wolten das sehen/ und kriegens nicht zu sehen/ und wolten das hören/ und kriegens nicht zu hören. Doch wie man in der Sprache des A[lten] Testamentes die Seeligkeit des Menschen allemahl Beatitudines, in plurali, die Seeligkeiten, nennet, anzudeuten, daß gar viel Gutes dazu gehöre, wenn man einen Menschen seelig preisen solle. Um einer Sachen willen heisset man niemanden seelig, sagen die Rabbinen. (k) Also ist eine Evangelische Gemeine um so viel seeliger, wenn sie nebst den innerlichen Schönheiten ihres Gottes=Dienstes auch ihre leibliche Augen und Ohren an den äusserlichen Schönheiten desselben ergötzen kan. Das war die Ursache, warum der allerheiligste Gott seinem rechtgläubigen Israel einen so verwundrungs=vollen schönen Le Geographicumg Gebäude: Jerusalem, Tempel Tempel in Le Geographicumf Ort: Jerusalem Jerusalem erbauen, und in demselbigen bey dem Gottes=Dienste durch den


(k) Daß das Hebräische [hebräisch] der Pluralis sey, beweiset Lb PersonTarnow, Johann (1586–1629) Tarnovius in Lr QuellenTarnow, Exercitationes Biblicae (1621) M Excercit. Bibl. p. 761. sqq.[34] Die angegebene Ursache, warum die Hebräer die Seeligkeit mit einem Plurali ausdrücken, führet aus R[abbi] Kimchi an Lb PersonGeier, Martin (1614–1680) Geierus, Lr QuellenGeier, Commentarius in Psalmos (1681) M Comment. in Psal. p. m. 2.[35]

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hochweisen König Lb PersonSalomo Salomo die allervortrefflichsten Musiqven verordnen ließ, da die Leviten Ly Bibelstelle2 Chronik 5,12 sungen mit Cymbeln/ Psaltern und Harffen/ II Chron. V. 12.und die bey ihnen stehende hundert und zwanzig Priester mit Drommeten bliesen.[36] Ewiger Gott! wie muß bey so schönem Ansehen des prächtigen und fast gantz guldenen Tempels, (l) und bey so herrlichem Gethöne des Singens, und so starck besetzten Chores der Musicirenden, nicht das Hertze eines andächtigen Israelitens in Sprüngen gegangen, und der Freuden gantz voll geworden seyn? Ja! das alles zusammen machte, daß Lb PersonDavid (fl. 1000 v. Chr.) David ausbrach: Ly BibelstellePsalmen 84,2–3 Wie lieblich sind deine Wohnungen/ Herr Zebaoth! Psalm. LXXXIV. 2. 3.Meine Seele verlanget und sehnet sich nach den Vorhöfen des Herrn; Mein Leib (auch Augen und Ohren) und Seel freuen sich in dem lebendigen Gott.

Nun darumb, o du meine auserwehlte St. Salvators-Gemeine, sey doch heute auch frölich, und freue dich über deine schönen Gottes=Dienste! Ergötze deine Augen und Ohren an dem neuen Orgel=Werck, mit welchem durch Gottes eigene Vorsorge dein Gottes=Hauß nunmehro ausgezieret ist. Ich will wohl fürnehmlich, daß du dich darüber erfreuen sollest, daß dir Gott die reine Predigt seines allein seeligmachenden Wortes gönnet. Daß dir auch dasselbe Wort reichlicher, als wohl vor diesem, geprediget wird, da du noch keine Wochen=Predigten hattest. Deine Augen sehen nun so viel mahl mehr Jesum in seinen Dienern mit seinem süssen Evangelio unter dir auftreten, wie deine Ohren nun auch so viel mahl mehr Lb PersonMoses Mosen mit seinem Gesetze donnern hören. Aber alles zu deinem besten. Zu


(l) Davon siehe Lb PersonLund, Johann (1638–1686) Lundium in den Lr QuellenLund, Jüdische Heiligthümer (1701) M Jüdischen Heiligthümern. L. 2. c. 3. §. 30. sqq. p. 252. sqq.[37]

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deiner Besserung, und zu deiner Bewahrung im Glauben zur ewigen Himmels=Freude. Das soll dich vornehmlich bewegen, unsere Versammlungen in diesem Gottes=Hause nicht zu verlassen. Darumb soll dirs zu thun seyn, daß du beständig mit David dich erklärest: Ly BibelstellePsalmen 27,4 Eins bitte ich vom Herrn/ das hätte ich gern; daß ich im Hause des Herrn bleiben möge mein Lebenlang/, Psalm. XXVII. 4.zu schauen die schönen Gottes=Dienste des Herrn/ und seinen Tempel zu besuchen.

Inzwischen, wenn du da bist, magst du auch Augen und Ohren an dem äusserlichen Schönen, und also an dem schönen Orgel=Werck ergötzen, denn Gott selbst gönnet dir diese Glückseeligkeit, da er sie viel tausend andern, auch deinen Vorfahren in solchem Maasse nicht gegönnet hat. Freuen solt du dich, wenn bey deinem andächtigen Singen die lieblichen Orgel=Pfeiffen mit einstimmen, deine Andacht vermehren, und manche Unordnung, die bey dem ehemahligen schwachen Orgel=Werck in unserer starcken Gemeine sich wohl mannigmahl eräugnet hat, verhindern werden. Du siehest an deiner neuen Orgel nichts als Gold, silber=weisse Pfeiffen, und blaue Farbe. Das kan dir eine Abbbildung geben des schönen blauen Himmels, mit der guldenen Sonnen, und silber=weissen Monden. Es weiset dich aber noch weiter in den Himmel der Auserwehlten, darum stehest du auch abgebildete Engel daran, als posauneten sie. Du hörest, und hast schon gehöret das liebliche Zustimmen der hellen Orgel=Pfeiffen bey deinem Singen und Loben Gottes. Alles ist erfreulich anzusehen und anzuhören. Dencke denn dabey an den ewigen Himmels=Tempel, oder an die seelige Himmels=Stadt/ deren Thore von silber=weissen Perlen/ Apoc. XXI. 11. 21Ly BibelstelleOffenbarung 21,21 die Gassen von Gold/ Ly BibelstelleOffenbarung 21,11 und ihr Licht und Farbe gleich dem alleredelsten Stein/ [S. 21] einem hellen Jaspis ist/ nach des Heil[igen] Geistes selbst=eigenem Entwurff; und wo die heiligen Engel und Auserwehlten auf himmlische Art ewig vor Gott singen, spielen und musiciren: Dencke, daß daselbst alles unaussprechlich viel erfreulicher wird anzusehen und anzuhören seyn, und freue dich denn hier im Vorspiel um so viel mehr, und sorge dabey, daß du auch einmahl einkommen mögest in diese deines Herrn Freude. So wird deine neue Orgel=Freude nicht nur billig, sondern auch heilig und Gott wohlgefällig seyn.

II.Es hat eine Evangelische Gemeine sich bey einem neuen Orgel=Werck für II. billig zu erfreuen/ weil dadurch die Hertzen sich aufs neue gerühret finden. Daß Musiqve, und also auch ein schön Orgel=Spiel beym Gottes=Dienst das Hertze rühren und afficiren könne, bezeuget der heilige Geist an dem Exempel Lb PersonSaul (fl. 1000 v. Chr.) Sauls/ von welchem der böse und unruhige Geist wiche/ Ly Bibelstelle1 Samuel 15,23 I Sam. XV. 23.so bald er die Harffe Lb PersonDavid (fl. 1000 v. Chr.) Davids hörete. Es bezeugets auch der heilige Lb PersonAugustinus, Aurelius (354–430) Augustinus von sich selbst. Denn er sagt, (m) daß er zum Theil durch die Music bekehret worden sey, und daß die Lieblichkeit derselben eine so hertzliche Andacht bey ihm entzündet, daß ihme vor brünstiger Freude die Thränen aus den Augen gestiegen, und sich über seine Wangen ergossen, und sey ihm bey denselbigen Thränen so wohl gewesen. Vielleicht hat das mancher unter uns auch schon heute bey dem ersten Anschlag unserer neuen Orgel, und da wir mit Zu=


(m) Lb PersonAugustinus, Aurelius (354–430) Augustini eigene Worte im IX Buch seiner Lr QuellenAugustinus, Confessionum Libri tredecim (1581) M Confess. cap. VI sind diese: Lr QuellenAugustinus, Confessionum Libri tredecim (1581) M Quantum flevi in hymnis & canticis tuis, svave sonantis Ecclesiae Tuae vocibus commotus acriter: voces illae influebant auribus meis, & eliquabatur veritas tua in eor meum, & ex ea aestuabat inde affectus pietatis, & currebant lacrymae, & bene mihi erat cum eis.[38]

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stimmung derselben unser: Lw MusikwerkN.N.: Herr Gott, dich loben wir M Herr Gott dich loben wir/ anfiengen, in seinem Hertzen empfunden, wie ichs wahrhafftig bey mir empfunden habe. Und so muß es auch seyn; sonst, wo bey dem Orgel=Spiel in unserm Gottes=Dienste das Hertze ungerühret, und ohne Andacht bliebe, so wäre unsere Orgel=Freude eitel, und Gott mehr mißfällig, als angenehm. Da würde es heissen, wie Gott zu einer Zeit zu der Jüdischen Kirchen sagte: Amos. V. 23.Ly BibelstelleAmos 5,23 Thue nur weg von mir das Geplerr deiner Lieder; denn ich mag deines Psalter=Spiels nicht hören. Denn:

Lr QuellenDecretum Gratiani (1604) M Non vox, sed Votum; non chordula Musica, sed Cor:
Non Clamor, sed Amor cantat in aure Dei,
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ist der alte Verß in der Lr QuellenDecretum Gratiani (1604) M Glossa in Decretis, (n) und ist so viel gesaget: Dem allerhöchsten Gott gefällt nicht die Stimme ohne das Seuffzen, nicht das Saiten=Spiel ohne das Hertz, nicht das grosse Geschrey ohne die Liebe.

Eben das wolte unser Heyland in unserm Evangelio dem Schrifftgelehrten beybringen, der Ihm aufstieß, als er mit seinen Jüngern besonders redete. Dieser Mann war Einer von dem Gelichter, Ly Bibelstelle2 Timotheus 3,5 II. Tim. III. 5.welches den Schein haben will eines Gottseeligen Wesens/ aber seine Krafft verleugnet.[40] Es redet immer von Liebe, Liebe, und verfolget diejenigen, die mit ihm nur auch nicht gleich reden, mit einem tödtlichen Haß. Mit einem Wort: Die Schrifftgelehrten waren damahls die größten Heuchler. Sie gleisseten schön von aussen, im Hertzen aber war weder rechtschaffene Liebe gegen Gott, noch aufrichtige Liebe gegen den


(n) Dist. 92. in cap. in sancta Romana.[41]

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Nechsten. Indessen meinte doch unser Schrifftgelehrter Wunder, was er für ein grosser Heiliger mit seinem Gottes=Dienste vor Gott wäre. Darumb versuchete er nur den Heyland, ob er ihm auch noch wohl etwas darüber würde zu sagen haben. Jesus aber wieß ihn ins Gesetz/[42] das solte ihm das Hertze rühren, weil selbiges Liebe von gantzem Hertzen/ von gantzer Seelen/ von allen Kräfften/ und von gantzem Gemüthe/ und das gegen dem Nechsten eben so wohl als gegen Gott fordert, weil der Nechste Gott angehöret, und seine Creatur ist. Folglich gehöret zur Liebe des Nechsten auch unser Feind, als der auch noch immer, als eine Creatur Gottes, dem grossen Gott angehöret. Davon überführte ihn der Heyland mit dem Ly BibelstelleLukas 10,30–36 Gleichniß von dem Samariter/ und dessen erwiesenen Liebe gegen einem verwundeten Juden. Stieß damit derer Schrifftgelehrten gewöhnliche falsche Auslegung des Geboths von der Liebe übern Hauffen, da sie immer sagten: Ly BibelstelleMatthäus 5,43 Du solt deinen Nechsten lieben/ das hiesse: Matth. V. 43.nur den Freund lieben, Ly BibelstelleMatthäus 5,43 und deinen Feind hassen. Diesem aber verhiesse er gleichwohl, wenn er ein gleiches erst thun würde, als der Samariter auch gegen seinen Feind, (denn Samariter und Juden waren abgesagte Feinde) und wenn er das Gesetz also vollkommen in allen Stücken und Staffeln thun würde, als dessen Verbindlichkeit wäre, und als er sichs jetzo noch nicht einbildete, so würde er erst recht Gott dienen, seines Gottes=Dienstes sich erfreuen, ja gar das Leben darinnen haben können.

Demnach das Hertze muß überhaupt bey unserm Gottes=Dienste allemahl mit dabey seyn: Es muß gerühret, es muß zur Liebe Gottes und des Nechsten zugleich beweget seyn, so ists Gott und Menschen erfreulich und gefällig. Ey nun, auch durch und mit einem schönen Orgel= [S. 24] Werck lässet sich das Hertze einer Gott=dienenden Gemeine, wie zur Andacht und Freude in Gott, also auch zur Liebe des Nechsten leicht und lieblich rühren und bewegen. Ein Orgel=Werck bestehet aus viel hundert Pfeiffen, und doch kan das volle Werck gespielet, und dabey in der lieblichsten Harmonie gehöret werden. Das soll denn die Hertzen einer versammleten Gemeine mit rühren und reitzen, daß in derselben alle miteinander, Hohe und Niedrige, Reiche und Arme, Alte und Junge, Grosse und Kleine, concorditer, einhelliglich in der Versammlung heilige Hände betend, und ihre Stimmen singend zu Gott aus Hertzens=Grunde erheben.[43] So bald praeambuliret, und die Melodie eines schönen Liedes praeludiret wird, sollen sie sich mit Andacht zum Gesange praepariren, und im Hertzen dencken: Ey, es Ly BibelstellePsalmen 92,2.4–5 ist ein köstlich Ding/ dem Herrn dancken/ und lobsingen deinem Nahmen/ du Höchster. Ps. XCII. 2. 4. 5.Auf den zehen Säiten und Psalter/ mit Spielen auf der Harffen. Denn/ Herr/ du lässest mich frölich singen von deinen Wercken/ und ich rühme die Geschäffte deiner Hände. So wird sich das Hertze wohl gerühret finden, und die Orgel=Freude billig, ja heilig seyn.

Noch mehr, das gantze Wesen eines Orgel=Wercks, und daß es das sey, was es seyn soll, muß in der Harmonie oder genauen Uebereinstimmung gesuchet und gesetzet werden. Dannenhero, ob wohl unter so viel hundert (o) Pfeiffen immer eine einen andern Ton giebet, als die andere, auch immer eine anders beschaffen ist, als die andere: eine ist groß, die andere klein, eine von Zinn, die andere von Holtz, eine rund, die andere viereckigt; so ist doch keine der andern zum Schaden und Nachtheil, sondern immer eine der andern beyzustimmen und auszuhelffen. Das kan und


(o) In unserer neuen Orgel sind in allem 1404 Pfeiffen.

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soll nun eine christliche Gemeine insonderheit bewegen zu der christlichen Einträchtigkeit und brüderlichen Liebe, welche uns Gott in seinem Gesetze so heilig anbefohlen, und der Herr Jesus immer von neuen in seinen Lehren recommendiret hat. Gott hat nach seiner heiligen Weißheit unter uns Menschen unterschiedene Stände verordnet, darinnen hat Er den einen groß, den andern klein gemacht, einen hat er hoch, den andern niedrig gesetzet. Keiner soll dem andern zum Nachtheil und Schaden seyn, sondern einer dem andern in der Liebe dienen. Die Grossen, Hohen, Starcken und Reichen, sollen denen kleinen, geringen, schwachen und armen aushelffen und beystehen, diese jenen sich gefällig erweisen, dienstfertig und gehorsam seyn. Das bringet die schöne Liebes=Harmonie zuwege, die Gott so gefällig und angenehm, denen Menschen aber selbst nützlich und erfreulich ist. Sonst heist es: I Cor. XIII. 1.Ly Bibelstelle1 Korinther 13,1 Wenn ich mit Menschen= und mit Engel=Zungen redete/ und hätte der Liebe nicht/ so wäre ich ein dönend Ertz/ oder eine klingende Schelle/ das ist in der Erklärung, nichts vor Gott, wie der Thon und Schall, wenn er vorbey ist, nichts ist.

Nun so gehe denn hin/ du mir so liebe und werthe Salvators=Gemeine, und thue desgleichen. Laß unser neues und schönes Orgel=Werck dich allezeit, wenn du es bey deinem Gottes=Dienst hören wirst, das Hertze rühren zur inniglichen Andacht und Freude in Gott. Laß es niemahls alleine spielen, sondern Ly BibelstelleEpheser 5,19 singe und spiele du auch dem Herrn in deinem Hertzen.[44] Erkläre dich alsdenn mit Lb PersonDebora Debora: Judic. V. 3.Ly BibelstelleRichter 5,3 Ich will/ dem Herrn will ich singen; dem Herrn/ dem Gott Israel will ich spielen. Laß die harmonischen und wohl zusammen=stimmenden Toni des Orgel=Spiels dich jederzeit zur christlichen Liebe und Einträchtigkeit bewegen. Wercke aber auch, daß, so ein ander Ge= [S. 26] both mehr ist/ Rom. XIII. 9. 10.das Ly BibelstelleRömer 13,9–10 in diesem Wort verfasset sey: Du solt deinen Nechsten lieben/ als dich selbst. So ist nun die Liebe des Gesetzes Erfüllung.[45] Den du lieben solst, der gehöret Gott an, denn er ist sein Geschöpffe, er sey Freund oder Feind. Und also, in dem du diesen liebest, liebest du auch Gott. Und was du diesem thust, thust du Gotte. Ich weiß, daß wohl einige unter euch schon lange aus Liebe zu Gott und zu seinen Ehren sich erkläret haben, von ihren Mitteln etwas beyzutragen, wenn unser Gottes=Hauß zur Verherrlichung des Gottes=Dienstes mit einer neuen Orgel könte versehen werden. Das habt ihr nun nicht nöthig. Gott selbst hat auf eine andere Weise dafür gesorget. Aber wisset ihr was? Gott hat dennoch andere lebendige Orgel=Pfeiffen, zu deren Erhaltung und Verbesserung ihres schlechten Zustandes er nun einen Zuschub von eurem Vermögen verlanget, das sind arme Wittwen und Wäysen und andere nothleidende Christen. Vergesset derselben nicht, sondern gedencket an sie insonderheit auch im Herausgehen bey dem heutigen (p) Kirchen=Stande. Lasset bey der heutigen Orgel=Freude eure Hertzen sich recht dazu gerühret finden, und seyd versichert, wenn diese unsere Orgel nicht mehr klingen wird, so werden jene erst zu eurer ewigen Freude schön anfangen zu klingen. Sie werden an jenem Tage vor dem Richter aller Welt das Zeugniß von eurer thätigen Liebe ablegen, und Jesus wird sie, als Ihm selbst gethan, aus Gnaden vergelten. Ly BibelstelleMatthäus 25,34.40 Kommt her/ wird er sagen, ihr Geseegneten meines Vaters. Ererbet das Reich/ das euch bereitet ist. Denn was ihr gethan habt meinen geringsten Brüdern/ das habt ihr mir gethan. Und wie ihr sie mit euren Wohlthaten auf der


(p) Es war der ordentliche Kirchen=Stand am 13 Sonntage nach Trinitatis vor die Hauß= und Gassen=Armen, und zugleich vor die Wäysen im Spend=Hause.

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Welt erfreuet habt, so will ich euch im Himmel dafür erfreuen ewiglich.

Noch eins hab ich euch zu sagen. Damit ihrs nicht allein auf die Liebe und ihre Wercke in eurem Christenthum ankommen lasset, und damit den Himmel zu verdienen meinet, so sehet ja wohl zu, daß ihr im rechten Glauben bleibet, und im Glauben, und durch den Glauben nicht nur Liebes=Wercke gegen dem Nechsten erweiset, sondern auch überall einen heiligen und unsträflichen Wandel nach allen Gebothen Gottes führet. Keines von allen ist ein Verdienst des Himmels. Alles zusammen aber die Ordnung Gottes auf dem Wege zur Seeligkeit. Hebr. XI. 6.Ly BibelstelleHebräer 11,6 Ohne Glauben ist ohnmöglich Gott gefallen. c. XII. 14.Und ohne die Ly BibelstelleHebräer 12,14 Heiligung wird niemand den Herrn sehen. Eben nun auch dazu, giebet Euch unsere neue Orgel schöne Erinnerungen, die das Hertze rühren sollen. Das Gold/ was ihr an derselben sehet, ist ein Bild des Glaubens. I Petr. I. 7.Das erinnert euch, daß euer Glaube noch bewährter Ly Bibelstelle1 Petrus 1,7 und viel köstlicher soll erfunden werden/ denn das vergängliche Gold. Und so dieses durchs Feuer bewähret wird/ daß ja euer Glaube auch nicht aufhore im Feuer des Creutzes und der Trübsahl. Die silberweisse Farbe der Orgel=Pfeiffen soll euch ein Bild der Unschuld und Lebens=Reinigkeit seyn, daß, Tit. II. 14.wie Jesus euch Ly BibelstelleTitus 2,14 erlöset hat von aller Ungerechtigkeit/ und gereiniget ihm selbst ein Volck zum Eigenthum/ das fleissig wäre zu guten Wercken/ Luc. I. 74. 75.also ihr auch Ly BibelstelleLukas 1,74–75 ihm dienen sollet ohne Furcht euer Lebenlang/ in Unschuld, in Heiligkeit und Gerechtigkeit/ die ihm gefällig ist. Die blaue Farbe ist ein Bild der Beständigkeit, und erinnert euch, daß ihr in dem allen, nemlich im rechten Glauben und heiligen Leben, feste beharren sollet. Matth. X. 22.Ly BibelstelleMatthäus 10,22 Wer aber biß ans Ende beharret/ der wird seelig. So wird auf diese zeitliche und [S. 28] vergängliche Orgel=Freude, denn allererst die ewige und unvergängliche Freude im Himmel euch nachfolgen. Und da werdet ihr mit denen heiligen Engeln, derer ihr darumb etliche in menschlicher Gestalt an unserer Orgel mit Posaunen abgebildet sehet, da sie sonst Geister sind, und nur umb der Blödigkeit unseres Begriffes also vorgestellet werden: Mit denen, sage ich, werdet ihr als denn dort recht im höhern Chor das unbegreiflich=schöne Lied des Lammes vor dem seeligen Gottes=Stuhl mit himmlischen Psaltern und Harffen, in so grosser Freude, und auf eine solche Art ewiglich musiciren, I Cor. II. 9.als es noch Ly Bibelstelle1 Korinther 2,9 kein Auge gesehen/ und kein Ohre gehöret hat.[46] Denn

Lw Musikwerkanonym: In dulci jubilo Ubi sunt gaudia?
Nirgend mehr denn da,
Da die Engel singen,
Nova cantica,
Und die Schellen klingen,
In Regis Curia:
Eja, wären wir da:
Eja, wären wir da!
[47]

Doch nun über dis alles, und damit unser neues Orgel=Werck bißher besagter Maassen unserer lieben St. Salvators=Gemeine hinfort zu nichts anders, als zu einer solchen heiligen und billigen Freude, beydes ihre Augen und Ohren ergötzen, und ihre Hertzen rühren und bewegen möge, so consecrire und übergebe ich dasselbe hiemit zum alleinigen Gebrauch des öffentlichen Gottes=Dienstes [S. 29] in diesem Gottes=Hause im Nahmen der heiligen und hochgelobten Dreyeinigkeit, Gottes des Vaters, und des Sohnes, und des heiligen Geistes. Amen!

Ach du glorwürdiger und dreyeiniger Gott! Deinem allerheiligsten Göttlichen Nahmen sey ewig Lob, Ehre und Danck gesaget für alle deine Wohlthaten, welche du bißher sonderlich an diesem unserm Gottes=Hause gethan hast. Du hast es vor nunmehro fast 41 Jahren (q) deiner hiesigen Volck=reichen Gemeine zum besten unter deinem allmächtigen Schutz und väterlichen Vorsorge also neu und zierlich aufrichten lassen, wie es vor Augen ist, da das alte Kirchen=


(q) Ao. 1695. d. 1 Augusti ist der Grundstein zu unserer neuen St. Salvators Kirchen geleget, der gantze Bau derselben aber mit dem Ende des 1697 Jahres vollendet, und alsdenn den 25 Decembris am 1 Weyhnacht=Feyertage zum öffentlichen Gottes=Dienste durch den seel[igen] H[er]rn M. Lb PersonFehlau, Constantin (–1711) Constantin Fehlauen, damahligen Prediger allhie, eingeweyhet worden.

[S. 30]

Gebäude im Le Geographicumg Gebäude: Danzig, St.-Gertrauden-Hospital Hospital, theils Alters, theils der Enge wegen zu deinem Gottes=Dienste nicht mehr wohl brauchbahr war. Du hast das Gebeth deines Lb PersonFehlau, Constantin (–1711) damahligen Dieners bey der Einweyhung dieses Tempels erhöret, und noch keine andere als rechtschaffene Evangelische Prediger einkommen lassen, welche nemlich nicht anders zu predigen wissen, als Jesum Christum den Gecreutzigten. (r) Was ist dir auch und deiner Gemeine gedienet mit dem alten Sauer=Teig verlegenen Menschen=Tandes, oder mit dem eitlen Ausputz vernünfftiger Reden menschlicher Weisheit, so weder unser Herr Jesus, noch seine lieben Apostel, die allervortrefflichsten Prediger an sich kommen lassen? Du hast, da die Ernd=


(r) In dem Gebeth des seel[igen] Hrn. Lb PersonFehlau, Constantin (–1711) Fehlavii, welches er ins Kirchen=Tauff=Buch mit eingeschrieben, stehen unter andern auch diese Worte: Hie sende Er allewege treue Lehrer und Prediger hin, welche nichts anders wissen zu predigen, als Jesum Christum den Gecreutzigten.

[S. 31]

te bey dieser Gemeine grösser wurde, dafür gesorget, daß ihr mehr Arbeiter gegeben worden. (s) Du hast, da in der gefährlichen Lm Ereignis1734: Belagerung von Danzig Belagerung eine Art fürchterlicher Orgel=Pfeiffen auf den Wällen uns erschreckten, auch aus dem feindlichen Lager tödtende Kugeln über unsere Häupter pfiffen, und alles zerschmetternde Bomben nahe (t) genug umb


(s) A[nn]o 1727. d[en] 4. April[is] als H[er]r M. Lb PersonHenrichsdorff, Johann David (1687–1739) Joh. Dav. Henrichsdorff, der letzte alleinige Prediger bey dieser Kirchen, von hier nach Le Geographicumg Gebäude: Danzig, Sankt Barbara St. Barbara beruffen worden, wurde diese Stelle mit zween Predigern zugleich besetzet, auch des Donnerstages eine Wochen=Predigt verordnet, damit aber wegen gewisser Ursachen nicht ehe angefangen worden, als A[nn]o 1728. d[en] 12. Febr[uarii] mit dem Anfange der heiligen Paßions=Zeit. Der eine von uns beyden, Herr Lb PersonSchlüter, Johann Christian (–1736) Joh. Christian Schlüter ist allbereit A[nn]o 1736. d[en] 12. April durch einen seeligen Tod in die triumphirende Kirche eingegangen, und bekleidet nunmehro diese Stelle H[er]r Lb PersonSchröder, Johann Christoph (1708 – fl. 1736) Joh. Christoph Schröder, mein lieber H[er]r Collega rühmlichster Maassen.

(t) d 29 Junii, Festo Petri & Pauli frühe umb 4 Uhr schlug eine Bombe in ein Gebäude etwan 4 Schritt von unserer Kirchen Süd=werts gelegen, und umb eben diese Zeit fiel eine andere Ostwerts vor die Kirchen=Thüre etwan 12 Schritt davon, daher an diesem einzigen Tage der Gottes=Dienst in unserer Kirchen eingestellet wurde. Viel andere aber sind auch sonsten nicht viel weiter rund umb unsere Kirche gefallen, doch, Gott sey ewig Lob und Danck! ohne dieselbige im geringsten zu beschädigen.

[S. 32]

dieses Gottes=Haus herum spieleten, dennoch dasselbe für allem Schaden und Unglück allmächtig bewahret. Ueber das alles hast du heute noch das an uns gethan, und uns die Zeiten erleben lassen, daß dis Gottes=Hauß mit einem neuen und so schönen Orgel=Werck versehen, und wie es zu deinem alleinigen heiligen Dienst und Ehren gewidmet, also auch damit deinen Nahmen zu loben und zu dancken angefangen worden ist. Für solche deine Gnade und Barmhertzigkeit opffern wir Dir billig Danck, und verpflichten uns auch ins künftige Dich dafüt zu loben, und deinen Nahmen zu rühmen immer und ewiglich. Aber wir bitten Dich auch um Deines heiligen Nahmens und Ehre willen, daß du ferner Deine Gnaden=Flügel über diesen Tempel ausbreiten, und so wohl denselben gäntzlich, als auch besonders dis neue Orgel=Werck darinnen, für Ungewitter, Feuers=Gefahr, [S. 33] Zerstöhrung und allem andern Schaden gnädiglich behüten wollest. Niemahls, und so lange die Welt stehet, stosse doch den Leuchter deines reinen Evangelii nicht von dieser Stelle, und laß keinen andern Gesang auf dieser Orgel niemahls erschallen, als zu deinem alleinigen Lob und Ehren. So offt aber damit dir zu Ehren in dieser deiner Gemeine wird gespielet werden, so laß sich doch nicht allein die Augen und Ohren unserer Zuhörer daran ergötzen, sondern rühre mit dem La OrgelpredigtVlmische Orgel Predigt (Ulm 1624) M Finger an deiner rechten Hand,[48] Gott dem werthen heiligen Geist auch ihre Hertzen, daß sie allemahl mit inniglicher Andacht, auch mit freudiger Ermunterung der Seelen dazu einstimmen, und also im Glauben, in der Liebe und Hoffnung zu dir singen mögen. Das wird unsere heilige Freude hier für dir, und ein süsser Vorschmack der dortigen himmlischen Freude für uns seyn.

[S. 34]

Schlüßlich muß ich auch noch des in Gott seeligen Stiffters gedencken, der durch Vermachung eines erklecklichen Capitals die Ursache von unserm neuen Orgel=Bau geworden ist. Es war der weyland Ehrenveste und Vornehm=geachte Lb PersonWalter, Ephraim (vor 1737) Ephraim Walter, seiner Zeit wohlgesehener Bürger und Kauffmann dieser Stadt, auch wohlverdienter Vorsteher dieser Kirchen und unseres Le Geographicumg Gebäude: Danzig, St.-Gertrauden-Hospital St. Gertruden=Hospitals. Er hat wahrhafftig seine sonderliche Liebe zu Gott darinnen erwiesen, daß er so milde für die Verherrlichung des Gottes=Dienstes in diesem Gottes=Hause mit einem schönen und wohlklingenden Orgel=Werck gesorget hat. Er hat aber auch der lebendigen Orgel=Pfeiffen Gottes, ich meine der armen Glieder Jesu Christi[49] nicht vergessen, sondern seine Christen=Liebe auch gegen diese erwiesen, wie sonsten aus seinem Testamente bekannt ist. (u) Und ich selbst rühme hier vor Gott, und werde es auch nochmahls am jüngsten Tage rühmen, daß Er auch mir als einem geringen Bruder Jesu Christi in meinem ehemahligen Candidaten-Stande viel Liebe erwiesen, und mich gespeiset und geträncket, auch sonst auf mancherley Weise erqvicket und erfreuet hat. Gott erfreue Ihn wieder dafür im ewigen Leben, und sein Gedächtniß bleibe unter uns im Seegen immerdar!


(u) Zu diesem Orgel=Bau hat er drey tausend Floren legiret. Dem Pocken=Hause oder Lazareth ein tausend, so auch dem Kinder=Hause ein tausend, imgleichen dem Spend=Hause ein tausend Floren, und denen gesammten Frey=Schulen funfzehn hundert Floren.

[S. 35]

E[inem] Hoch=Edlen und Hochweisen Rath dancken wir billig dafür, daß Derselbe das Testament, nachdem es durch den Tod des Lb PersonWalter, Ephraim (vor 1737) Stiffters bestätiget war, seines Zweckes nicht hat wollen entkommen lassen, Gal. III. 15.denn so ist es dem heiligen Geist in der heutigen Vesper-Lection selbst gefällig. Der Herr unser Gott vergelte auch unsern Herren Vorstehern ihre rühmliche Sorge und Mühe, die sie bey diesem Orgel=Bau angewendet. Er sorge wieder für sie, und baue ihre Häuser, und gedencke ihrer allezeit im besten. Und das thue Er so wohl an denen, welche bey dem Anfange des Baues gewesen, als noch jetzo unserm Kirchen= und Hospitals=Hause rühmlich vorstehen.

Uebrigens lasse Gott seine Gnade über unsere gantze Le Geographicumf Ort: Danzig Stadt walten. Er nehme insonderheit alle Gottes-Häuser darinnen, in welchen Ihm nach seinem Wort gedienet, und sein Nahme nach seinem Willen geehret wird, in seinen allmächtigen Schutz. Er lasse in denenselben seinen Ruhm, Lob und Ehre erschallen unverrückt und ungestöhret biß an den lieben jüngsten Tag. Uns alle aber bringe er zu seiner Zeit in seine Himmels=Stadt, und in den allerprächtigsten Himmels=Tempel, und laß uns allda der Himmels=Freude ewiglich geniessen, auch an der unaussprechlich=schönen Himmels=Music mit Seele und Leib ewiglich ergötzet werden. Das hoffen wir, und freuen uns im Voraus darauf, und jauchzen schlüßlich dieser himmlischen Freude also entgegen:

[S. 36]

Lw Musikwerkanonym (nach Hans Sachs): Wachet auf, ruft uns die Stimme Gloria sey dir gesungen:
Mit Menschen= und Englischen Zungen,
Mit Harffen und mit Cymbeln schon.
Von zwölf Perlen sind die Pforten,
An deiner Stadt, wir sind Consorten
Der Engel, hoch um deinen Thron.
Kein Aug hat je gespührt,
Kein Ohr hat je gehört,
Solche Freude;
Des sind wir froh,
Jo, Jo, Jo!
Ewig in dulci jubilo!
[50] Amen!

Einzelanmerkungen

  1. 3. Strophe des Liedes Lw Musikwerkanonym: In dulci jubilo M In dulci jubilo. Mit dem Verweis auf dieses Lied gibt Keltz seiner Predigt einen thematischen Rahmen vor, der auch am Ende seiner Kanzelrede wieder aufgegriffen wird. Das Lied dient der Veranschaulichung des Topos von der Musik der Engel, in die auch die Gläubigen mit ihrem Musizieren bereits einstimmen können, vgl. dazu insbesondere die Ausführungen auf S. 7-9, 20 und 28. Wie es einer langen Tradition entspricht, greift Keltz für die Vermittlung dieser Vorstellung auf die Medien der Musik und der Dichtung zurück.
  2. Die angegebene Stelle erwähnt Lb PersonDresdensis, Petrus (1350–1421) Petrus Dresdensis als Mitstreiter von Lb PersonHus, Jan (1369–1415) Johannes Hus, vgl. Flacius, Catalogus testium veritatis (1672), S. 732. Keltz ergänzt diese Information aus Flacius‘ Werk also zu den Angaben, die er bei Wetzel vorgefunden hatte und widerlegt dessen chronologische Einordnung, vgl. Wetzel, Hymnopoeographia 1 (1719), S. 183. Wetzel hatte hier erklärt, es sei bekannt/ daß Huß älter gewesen/ als Petrus von Dreßden.
  3. In dem angeführten Werk wird die Geschichte des Liedes ausführlich dargestellt, hier sind auch die gelehrten Männer im Einzelnen angeführt, die sich mit diesem Thema befasst hatten, vgl. Wetzel, Hymnopoeographia 1 (1719), S. 183.
  4. Paraphrase der Stelle Ly BibelstelleOffenbarung 21,4 Offb 21,4..
  5. Beginn der 3. Strophe des Liedes Lw Musikwerkanonym: In dulci jubilo M In dulci jubilo.
  6. Anspielung auf 1 Kor 13,10.
  7. 2. bis 6. Zeile der 3. Strophe des Liedes Lw Musikwerkanonym: In dulci jubilo M In dulci jubilo mit beigefügter Übersetzung der lateinischen Begriffe.
  8. Das Zitat entstammt dem genannten Werk, vgl. Faber, Thesaurus Eruditionis Scholasticae (1696), Sp. 1109.
  9. In den Werken, auf die Keltz sich in Anmerkung (d) beruft, wird kein konkreter König genannt. Es gibt nur eine chronologische Eingrenzung auf den Zeitraum zwischen 1400 und 1430. Woher die Erwähnung Lb PersonWenzel von Luxemburg (1361–1419) König Wenzels IV. stammt, die nicht ganz stimmig ist, ist nicht klar.
  10. Anspielung auf Ly BibelstellePsalmen 103,21 Ps 103,21.
  11. An der angegebenen Stelle heißt es: Huic Petro Dresdensi etiam adscribunt cantilenam istam Ecclesiasticam ex latino & Germ. constantem: In dulci jubilo &c. quam eum in finem ab ipso compositam dicunt, ut sensim viam ad cantiones merè Germanicas introducendas (cum aliàs merè latinis in Ecclesia Pontificia reboarent omnia) muniret, & hac ratione vela ventis faceret. (Kromayer, Ecclesia In Politia (1666), S. 527f.)
  12. In beiden Publikationen findet sich dieselbe Quelle als Beleg, wobei der Zusammenhang zwischen der Glöckchen-Mode und Petrus Dresdensis‘ Lied erst in dem jüngeren Werk hergestellt wird. Die Glöckchen werden etwas anders geschildert, als dies Keltz tut: An 1400. biß man schrieb 1430. war so ein grosser Uberfluß an prächtigen Gewant und Kleidunge/ der Fürsten/ Grafen und Herren/ Ritter und Knechte/ auch der Weiber/ als vor niemahls gehöret worden/ da trug man silberne Fassungen oder Bänder mit grossen Glocken von 10. 12. 15. und bißweilen von 20. Marcken. Etliche trugen Rheinische Ketten von 4. oder 6. Marcken samt köstlichen Halsbändern/ grossen silbern Gürtel und mancherley Spangen. (Tentzel, Curieuse Bibliothec (1704), S. 346f.)
  13. Gemeint ist außerdem die Stelle Ly BibelstelleOffenbarung 14,8–9 Offb 14,8-9.
  14. Siehe dazu die Bibelbelege in der Marginalie.
  15. Anspielung auf Ly BibelstellePsalmen 137,1–2 Ps 137,1-2.
  16. Schlusszeilen der 3. Strophe des Liedes Lw Musikwerkanonym: In dulci jubilo M In dulci jubilo.
  17. Paraphrase der genannten Bibelstelle Ly BibelstelleNumeri 10,2 Num 10,2.
  18. Unter dem Stichwort Lutheraner findet sich Lemmata wie sind im grund verdorben, der meisten äusserste boßheit, irrthum und kätzereyen und Ähnliches, vgl. Arnold, Kirchen- und Ketzer-Historie (1699), Ccc cc3v.
  19. Wie in Fußnote (f) nachgewiesen, Zitat aus Arnold, Die Erste Liebe Der Gemeinen Jesu Christi (1696), S. 164. Siehe den genauen Wortlaut in der folgenden editorischen Anmerkung.
  20. So argumentierte Gottfried Arnold, der die Einführung von Orgeln als historisch spätes Ereignis des 7. bis 9. Jahrhunderts bewertet und sich dabei auf Lb PersonGroßgebauer, Theophil (1627–1661) Großgebauers Lr QuellenGroßgebauer, Drey Geistreiche Schrifften (1682) M Wächterstimme berief: Woraus klärlich erhellet/ daß diese Gewonheit unter der vollen Macht des Römischen Anti=Christs eingerissen sey/ da man an statt des einfältigen Psalmen=Singens ein solch groß Gethöne zu machen begunt/ damit das gemeine Volck dadurch immer stummer würde/ und ihm alle Hertzens=Andacht folgends gleichsam hinweg geblasen würde/ wie ein gottseeliger Mann davon schreibet in der Wächter=Stimme c. 11. (Arnold, Die Erste Liebe Der Gemeinen Jesu Christi (1696), S. 164)
  21. Siehe den vollen Wortlaut dieser zentralen Aussage über Orgeln im Personenartikel Lb PersonArnold, Gottfried (1666–1714) Gottfried Arnold.
  22. Dieser Verweis ist nicht stimmig. Die angegebene Stelle behandelt zumindest in der uns verfügbaren Ausgabe des Werks andere Themen. Den Bau einer Orgel findet man dann unter dem Jahr 824, vgl. Calvisius, Chronologia (1605), S. 724.
  23. Vgl. zum Wortlaut dieser Quelle den Personenartikel Lb PersonAventinus, Johannes (1477–1534) Aventinus sowie zur Überlieferung des Ereignisses den Artikel über die Lm Ereignis757: Kaiser Konstantin V. Kopronymus von Byzanz schenkt Frankenkönig Pipin eine Orgel byzantinische Orgelschenkung.
  24. Siehe hierzu den Kommentar im Personenartikel Lb PersonVitalianus (vor 657 – 672) Vitalianus.
  25. Vgl. Christliche Orgel-Predigt (Danzig s.a.), S. 16, wo ebenfalls die Geschichte der Orgel behandelt wird.
  26. In diesem homiletischen Hilfswerk wurde neben anderen Quellentexten auch das gesamte Orgelkapitel aus Lb PersonPraetorius, Michael (1571–1621) Michael Praetorius‘ Lr QuellenPraetorius, Syntagma musicum 2 (1619) M Syntagma Musicum (S. 89-93) nachgedruckt, vgl. Mayer, Museum Ministri Ecclesiae (1690), S. 26-31. Auf diese Weise wurde dieser im originalen Druck vermutlich nur noch bedingt zugängliche Schlüsseltext von Praetorius für jeden Theologen greifbar gemacht; siehe dazu auch Braun, Syntagma musicum (2019), bes. S. 189.
  27. Anspielung auf Ly Bibelstelle1 Korinther 14,40 1 Kor 14,40.
  28. Keltz verweist auf die kanonische Orgelpredigt Lc PredigtautorDieterich, Conrad (1575–1639) Conrad Dieterichs in ihrer La OrgelpredigtKirchweih= oder Orgel=Predigt (Leipzig 1632) M dritten Auflage. Die angegebene Seite, Kirchweih= oder Orgel=Predigt (Leipzig 1632), S. 261, entspricht in der ersten Ausgabe folgender Stelle, die auf diesem Portal nachzulesen ist: Vlmische Orgel Predigt (Ulm 1624), S. 40-42. Keltz hat hier allerdings seine Belege verwechselt. Über Hilarius und Basilius äußert sich Dieterich an einer anderen Stelle, vgl. Vlmische Orgel Predigt (Ulm 1624), S. 20. Übernommen hat Keltz aus der Passage auf S. 40-42 (bzw. Kirchweih= oder Orgel=Predigt (Leipzig 1632), S. 261) vor allem die Idee einer allegorischen Deutung der Bauteile der Orgel. Wie die meisten seiner Vorgänger wandelt er die Vergleiche im Einzelnen ab. Seine Gleichsetzung der Ventile mit der Lunge scheint singulär zu sein, vgl. dazu die Überblickstabellen in Dittrich, Allegorische Deutungen der Orgel (2022).
  29. Mit diesem Satz paraphrasiert Keltz einen gerne zitierten Spruch des Lb PersonTheodoret (393–466) Theodoret, den Dieterich an die Orgel angepasst hatte, vgl. den Kommentar zu Vlmische Orgel Predigt (Ulm 1624), S. 41, sowie Braun, Wunderwerk, Sammelobjekt, Herrschaftssymbol (2022).
  30. Auch mit dem Folgenden schließt sich Keltz an zentrale Gedanken über die Instrumentenverwendung im Gottesdienst an, wie sie Lc PredigtautorDieterich, Conrad (1575–1639) Conrad Dieterich modellhaft formuliert hatte, vgl. Vlmische Orgel Predigt (Ulm 1624), S. 40.
  31. An der genannten Stelle heißt es: So erkennen wir auch aus dem erklährten Verß; daß Gott dem Herrn ein singender und spielender Gottes=Dienst nicht mißfällig seyn könne. Wie es im Alten Testament desfalls gehalten worden/ kan aus den Psalmen Davids nicht unbekandt seyn/ als welche Lieder oder Gesänge sind/ die öffentlich gesungen worden. So wird auch in denselben unterschiedene mahl der Jnstrumenten gedacht/ die dabey gebraucht worden. Damit man nicht dencken möchte/ es gehöre solches nur in die vorige Zeiten/ da ohne dem der Cermonien und Schatten=Wercke viel gewesen/ so hat der Apostel Paulus in seinem Send=Schreiben zweymahl davon schöne Vermahnungen gegeben: (Weickhmann, Erklärung Des Geistreichen Liedes: Wie schön leuchtet der Morgenstern (1704), S. 897) Es folgen die Paulus-Verse. Allerdings schließt Weickhmann warnende Worte gegen den aktuellen Missbrauch der Musik an, vgl. Weickhmann, Erklärung Des Geistreichen Liedes: Wie schön leuchtet der Morgenstern (1704), S. 898-902.
  32. Beginn der 3. Strophe des Liedes Lw Musikwerkanonym: In dulci jubilo M In dulci jubilo.
  33. Anspielung wohl auf die gesamte Episode Ly BibelstelleTobit 5 Tob 5.
  34. In den digital verfügbaren Ausgaben dieses deutlich schmaleren Werks gibt es eine solche Seitenzahl nicht. Keltz hatte sie allem Anschein nach unbesehen übernommen aus Geier, Commentarius in Psalmos (1681), S. 2.
  35. Siehe die ausführlichen Erläuterungen an der genannten Stelle: Geier, Commentarius in Psalmos (1681), S. 2.
  36. Das Zitat ist leicht gekürzt.
  37. An der angegebenen Stelle mit der Beschreibung des Tempels heißt es unter anderem: Was muß das aber für ein überaus köstlich Gebäu gewesen seyn/ da so unaussprechlich viel Gold/ Silber/ Edelstein und andere herrliche Sachen zu kamen! (Lund, Johann, S. 252) Die Tempelmusik des Alten Testaments wird in dem Buch in zwei eigenständigen Kapiteln im Detail rekonstruiert, vgl. Lund, Johann, S. 745-754.
  38. Siehe ausführliche Nachweise zu dieser Quelle im Personenartikel Lb PersonAugustinus, Aurelius (354–430) Augustinus. Die Lesart ex eâ aestuabat anstelle des dominierenden exaestuabat begegnet in der hier ausgewiesenen Ausgabe des Werks.
  39. Keltz zitiert eine seit Lc PredigtautorAnwander, Georg (ca. 1559 – 1622) Georg Anwander in Orgelpredigten beliebte Stelle aus Lb PersonGratian (–1158) Gratians Schlüsselwerk zum Kanonischen Recht. Im Detail wird hier neben dem Hinweis auf einen Brief Lb PersonGregor I. (ca. 540 – 604) Gregors und auf dessen Dekret über das Sängeramt der Kommentar des Lb PersonHieronymus, Sophronius Eusebius (347–420) Hieronymus zu Ly BibelstelleEpheser 5,19 Eph 5 wiedergegeben. Er enthält die Kernformulierung des Gedankens als Corde, non voce, deum laudare debemus.. Eine Glosse zu der Wendung non voce enthält dann die zwei lateinischen Verse, die hier angeführt sind. Die Stelle im 1. Kapitel der Distinctio 92 verwendet allerdings anstatt der Begriffe Clamor und Amor die Ausdrücke clamans und amans, vgl. Decretum Gratiani (1604), Sp. 512.
  40. Paraphrase der in der Marginalie genannten Stelle Ly Bibelstelle2 Timotheus 3,5 2 Tim 3,5.
  41. Vgl. Decretum Gratiani (1604), Sp. 512.
  42. Anspielung auf das besprochene Evangelium, Ly BibelstelleLukas 10,25–26 Lk 10,25-26.
  43. Vgl. zum Topos der concordia in Orgelpredigten, Dittrich, Allegorische Deutungen der Orgel (2022).
  44. Keltz überträgt die Formulierung aus der 2. Person Plural in die 2. Person Singular.
  45. Zitat mit Auslassung.
  46. Keltz aktualisiert hier am Ende seiner Ausführungen nochmals das Bild von der himmlischen Musik, der sich die Sterblichen nach ihrem Tod anschließen werden.
  47. 3. Strophe des Liedes Lw Musikwerkanonym: In dulci jubilo M In dulci jubilo.
  48. Vgl. die aus Ly BibelstelleOffenbarung 1,16 Offb 1,16 abgeleitete Formulierung in Vlmische Orgel Predigt (Ulm 1624), S. 40, die hier zweifellos als Vorlage gedient hat.
  49. Die Deutung der Orgelpfeifen als Sinnbild für die Gesamtheit der Gemeinde scheint vor allem im 18. Jahrhundert populär geworden zu sein, vgl. die Analyse in Dittrich, Allegorische Deutungen der Orgel (2022). Dieses Bild erscheint in vergleichbarer Weise auch in folgenden Orgelpredigten: Die edle und wohlgeordnete Music der Gläubigen (Halle 1727); Winnedisches Reminiscere (Stuttgart 1740); Den rechtmäßigen Gebrauch der Music (Königsberg 1747); Die heilige Sabbaths-Lust an dem Herrn (Danzig 1749).
  50. 3. Strophe des Liedes Lw Musikwerkanonym (nach Hans Sachs): Wachet auf, ruft uns die Stimme M Wachet auf, ruft uns die Stimme.

Letzte Änderung dieses Dokuments am 11. Oktober 2022.

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